Sunday, June 20, 2010

Von Langkawi nach Phuket -- 20. Juni 2010

Hier sitzen wir also mit unserem Kutter an Land & harren der Dinge die da kommen sollen.  Wir verließen Kuah am vorletzten Tag vor Ablauf meines Visums.  Hätten wir noch einen Tag länger gewartet, so hätten wir die DVD unseres Dokumentarfilms des Singapur-Fernsehens mit Englischen Untertiteln erhalten.  Das erfuhren wir, da uns "Auntie" von Sin Hwa Cold Storage auf unserem Handy auf See anrief.  Das funktionierte übrigens den ganzen Törn prima, selbst hier in Thailand mit Roaming
 
Wir hatten diesen Trip ob der vielen Fischernetze, einer eher fraglichen Maschine (gerade eben in Langkawi repariert) und eines defekten Saildrives ganz anders geplant als wir es normalerweise machen.  Wir würden uns in kleinen Hüpfern von 25 bis 35 Seemeilen von Insel zu Insel hangeln, alles nur bei Tageslicht, nachmittags mit Schnorcheln oder am Strand verbringen und es ganz gemütlich angehen.  Ansonsten lieben wir ja lange Ozeanpassagen, da wir nur dann wirklich in den richtigen Rhythmus reinkommen.  Und unsere Motoren werden normalerweise auch nur dazu benutzt um aus dem Hafen und wieder rein zu kommen.  Leider war das seit spätestens Singapur nicht mehr möglich, denn erstens gab es so gut wie nie Wind, zweitens wimmelte es nur so von Fischerbooten, Longtails, Fähren, Frachtern und allen möglichen anderen Fahrzeugen.  Fast alle 100 Meter war ein Netz im Weg, so dass wir fast ununterbrochen Slalom fahren mussten.  Nach einigen Stunden wird so etwas ein wenig anstrengend. 
 
In ersten Nacht hatten wir geplant in Ko Lipe zu ankern, wo RARE EARTH-Henrys Freunde Tom & Emily ein kleines Hippie Beach Ressort haben.  Da es zu tief zum Ankern war, schnappten wir uns eine der zwei gelben Bojen und waren sofort darauf im wunderbar klaren Wasser.  Einfach wunderschön.  Bei Hellblau und Türkiesgrün angefangen, ging die Farbenpalette der Korallen über Gelb und Orange in alle Richtungen.  Unzählige Tridacna Muscheln leuchteten von lila bis braun & die Korallenfische sprengen ja sowieso jede Farbpalette.  Und dabei hatte uns ein anderer Segler erzählt, dass er Ko Lipe einer der schlimmsten Inseln fände.  Da frage ich mich doch fast ob er nicht vielleicht die Namen verwechselt hat...
 
Am nächsten Tag sind wir an Land, um Henrys Freunde zu besuchen, während er selbst versuchte einzuklarieren.  War aber keiner da.  Als er es am Nachmittag ein zweites Mal versuchte, wurde ihm erzählt, dass es noch ein paar Tage dauern könnte, bis der Offizielle wieder da wäre, denn die Touristensaison wäre nun vorbei.  Ich musste Henry erzählen, dass seine langwierige Reparatur in Kuah nicht erfolgreich gewesen war, da die Maschine in sieben Stunden Laufzeit etwa drei Liter Motoröl verloren hatte.  Henry meinte bei solchen Mengen Öl hätte wohl eine Schweißnaht nicht gehalten. 
 
Das störte mich allerdings nicht so sehr, wie es das normalerweise getan haben würde.  Die Ecke war einfach zu schön, um schlecht drauf zu sein & außerdem hatten wir ja sowieso einen vielmonatigen Werftaufenthalt in Thailand geplant. 
 
Die nächste Insel war Ko Bulon, ebenfalls ganz wunderbar.  Wir ankerten ganz an der Spitze und wurden bald von vielen thailändischen Fischerbooten umringt.  Auf etlichen von ihnen schien eine größere Fete geplant, sie legten sich in großen Päckchen zusammen und bald hörte man Musik, Gelächter und Rufe kreuz & quer durch die ganze Flotte.  Dann kamen appetitliche Düfte herübergeflogen, so dass uns das Wasser im Munde zusammenlief.  Inzwischen sind wir übrigens zu der Meinung bekommen, dass Thailand für kulinarisch orientierte Segler das Ziel überhaupt ist.  Nicht, dass ich plötzlich etwas gegen das Futter in Taiwan hätte, keineswegs, nur ist es eben viel leichter nach Thailand zu segeln als nach Taiwan.  Das Essen ist scharf bis sehr scharf - manchmal laufen mir die Tränen wie kleine Wasserfälle über die Wangen - aber immer ausgezeichnet und einfach köstlich.   Auch auf dieser Insel planten wir einen Tag Pause zu machen, wie wir es mit einer einzigen Ausnahme auf jeder Insel machten. 
 
Aurora Ulani ist von dem scharfen Essen überhaupt nicht begeistert, dafür fand sie den Strand allererste Sahne.  Und ihre geliebten Einsiedlerkrebse gab es hier in rauen Mengen und Variationen.  Leider gab es auch ein paar Sandfliegen, so dass wir meistens bis zum Hals unter Wasser blieben und an Land immer acht gaben schön nass zu sein. 
 
Der Törn von Ko Bulon nach Ko Rok Nok war der Hauptgewinner, was die Fischernetze anging.  Vielleicht ist es gar nicht so weise, immer zwischen den äußeren und den inneren Inseln hin zu zicken und her zu zacken.  Das nächste Mal werde ich wohl die äußere Route nehmen, denn dort scheinen mir am wenigsten Netze zu sein.  Nach dem Ankern sprangen wir wie immer über Bord, woraufhin ich feststellen konnte, dass man schwimmenderweise die Korallenköpfe mit den Schwimmflossen streicheln konnte.  Das war mit dann doch etwas nah, denn bei Ebbe würde das Wasser erheblich fallen.  Also Anker wieder hoch, weiter zur Zwillingsinsel Ko Rok Nai und dort wieder an eine gelbe Boje im tiefen Wasser. 
 
Wieder eine schöne verlassene Insel mit wunderbarem Strand, keinen Touristen, keinem Lärm und einer interessanten Unterwasserwelt.  Nach Einbruch der Dunkelheit kam ein Einhandsegler ohne Strom & Hauptmaschine, sondern nur mit batteriebetriebener Notbeleuchtung (für solche Notfälle habe ich starke rote und grüne LED Blinklampen, wie die Fischer sie benutzen und wo die Batterien monatelang halten) und Außenborder an.  Ich ließ unser Beiboot wieder zu Wasser, um ihm behilflich zu sein.  Bis ich bei ihm ankam, hatte er sich schon eine Muring geschnappt.  Bald saß er bei uns an Bord und trank ein 1°C kaltes Coopers Stout Homebrew.  Tristan war sowohl von dem WAECO CoolFreeze als auch von meinem selbstgebrauten Bier begeistert und überrascht.  So nach dem Motto: "Das hast Du wirklich selbst gebraut?!?"  <Grins> 
 
Am nächsten Morgen war er schon wieder weg.  Unser kleines Töchterlein, jetzt 6 1/2 Jahre alt, musste natürlich wie jeden Tag erst einmal ihre Calvert School Lektionen absolvieren, Chinesisch schreiben lernen usw. usf.  Sie hat noch etwa 8 Lektionen vor sich, dass müsste sie bereit für das 2. Schuljahr sein.  Diese ganze Geschichte hat so wunderbar geklappt, dass man es kaum glauben kann. 
 
Von eMails und Telefongesprächen weiß ich, dass wir oft den falschen Eindruck vermitteln.  So sind viele Leute anscheinend der Ansicht, dass wir eine schlechte Zeit haben von wegen der vielen Arbeit, den ewigen Reparaturen, Sorgen und Kosten.  Nichts könnte unwahrer sein.  Die letzten 4 1/2 Jahre waren die interessantesten unseres Lebens und der Hauptgrund dafür ist, dass wir so viele Leute kennengelernt haben, die oft zu sehr guten Freunden wurden.  Natürlich ist das Leben auf einem Boot oft frustrierend und ab und zu kriegt man es auch richtig mit der Angst zu tun.  Das steht allerdings in überhaupt keinem Vergleich zu den positiven Aspekten des Yachtielebens.  Deswegen finden wir es auch immer ein wenig traurig, wenn neue Segler nicht die Kurve in den ersten paar Jahren gekratzt kriegen und nach dem anstrengenden Berghochfahren nun die Talfahrt genießen können.  Stattdessen sind sie vollkommen desillusioniert, geben auf & verkaufen ihr Boot. 
 
Einige von meinen Freunden finden, dass ich zu viel technisches Detail hier beschreibe.  Sie hätten es lieber, wenn ich ein bisschen positiver berichten und die schönen Seiten des Seglerlebens beschreiben würde.  Genau so eben, wie es der Director/Producer Derek Goh in Singapur mit unserem Dokumentarfilm gemacht hat.  Andererseits haben befreundete Segler eher weniger Interesse an der Beschreibung von Sonnenuntergängen, schönen Sandstränden & dem letzten gefangenen Fisch.  Die Blauwassersegler kennen das alles selbst und für sie ist es viel interessanter zu erfahren welche Behördenmenschen auf jeden Fall zu vermeiden sind und wo der beste Laden für Werkzeuge und Ersatzteile ist.  Der Fahrtensegler will wissen, wo man am besten trinkbares Wasser herbekommt, wo man billig ein Motorrad mieten kann und wie man am besten sein Visum verlängert.  Ist natürlich schwierig beide Sorten Leser zufrieden zu stellen, aber ich werde es versuchen. 
 
Kurz nach 6:00 Uhr waren wir dann wieder unterwegs.  Ko Phiphi war das Ziel und wir erwarteten nicht sonderlich viel, da es eine überlaufene Touristenecke ist.  Wir hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass es dort im Hafen aussah wie bei den sprichwörtlichen Ölsardinen (die ich jetzt seit Jahren vergeblich suche).  Ich konnte mir nicht vorstellen, dass bei dem Gewimmel die freien Murings nicht irgendwem gehören und habe darauf verzichtet dieses auszuprobieren.  Das erwies sich als gute Strategie, denn später sahen wir, dass etliche Boote (meist Charteryachten) von eben diesen Bojen wieder verscheucht wurden.  Und da andauernd neue Boote eingetrudelt kamen, wurde es im Laufe des Tages immer enger und enger.  Dieses war überhaupt der einzige Tag, wo es Wind gab.  Mit bis zu 30 Knoten direkt auf die Nase. 
 
So stand ich am nächsten morgen noch früher auf als sonst, ließ meine beiden Mädels schlafen und hatte schon vor 6:00 Uhr den Anker oben.  Schon vor Mittags um 12:00 Uhr kamen wir in der Chalong Bucht an, die für eine Weile unser Zuhause darstellen sollte.  Einklarieren war kein Problem, wir bekamen jeder 60 Tage mit der Chance auf eine Verlängerung um 30 Tage, während das Boot 6 Monate bekam, ebenfalls mit Chance auf Verlängerung.  Die nächsten Tage waren dann mit Einkaufen, Erkundungen und Anfragen beschäftigt. 
 
Die Preise für die Yachtwerften waren eine Ernüchterung, denn es war sogar noch teurer als in Neuseeland.  Wir mussten handeln wie die Araber, wobei wir zugegebenermaßen nicht so gut sind.  Verschiedene Bootseigner gaben ganz unterschiedliche Auskünfte, so wie ja auch ihre Boote und Einkommensverhältnisse ganz verschieden sind.  Den einen stört es nicht weiter 60.000 Dollar für eine Überholung auszugeben, während ein anderer mit 3.000 Dollar ein ganzes Jahr lang auskommt.  Während das eine Boot regulär gewachst und poliert wird und dementsprechend blitzeblank und superordentlich aussieht als würde es gleich auf eine Bootsshow gehen, so bemerkt man bei anderen Booten, dass sie seit Jahren täglich hart genutzt werden, wie eben auch die Fischerboote und Frachtschiffe.  Und jedes Boot spiegelt den Charakter seines Eigners wider.  Die Verhandlungen, persönlich, im Dockyard oder am Telefon, zogen sich hin. 
 
Schließlich beschlossen wir in die kommerzielle Fischerbootswerft von Asian-Phuket Dockyard zu gehen, die uns David Kopec von der MEANDER empfohlen hatte.  Mit über 30 Jahren Erfahrung als Singlehander und sowieso mehr auf unserer Wellenlänge, gaben wir seinen Ausführungen mehr Gewicht als den anderen.  Außer dem Preis fanden wir auch die Einstellung bei Asian-Phuket Dockyard besser als bei der Konkurrenz.  Nicht nur holte uns Ozzy mit dem Auto ab, um uns den Yard vorzuführen, sondern sie antworteten auch immer prompt auf Telefonanrufe oder eMails. 
 
Dabei ist die Werft eine reine Arbeitswerft.  Überall Beton, Schienen & jede Menge Dreck.  Fischerboote aller Variationen stehen dicht gepfercht beisammen, es wird gehämmert & gesägt, was das Zeug hält.   Das gab mir dann doch zu denken, zumal wir ja ein kleines Mädchen an Bord haben und der Werftaufenthalt lange dauern würde. 
 
Sobald wir aus dem Wasser waren, ging es los mit den Kostenvoranschlägen & Arbeiten.  Beide Motoren und Saildrives sind jetzt in einer Werkstatt für eine Generalüberholung, die Fiberglasarbeiten sind weitgehend abgeschlossen und die anderen Jungs geben sich hier die Klinke in die Hand.  Ozzy lud uns zu einer Grillfete ein, fast jeden Abend kommen diverse Arbeiter auf ein paar Bierchen zu uns aufs Vordeck und zu meinem 50. Geburtstag hatten wir um die 20 Leute an Bord.  Didi, Feinschmecker aus Hamburg, hatte alle möglichen Sorten Bratwurst und einen Grill mitgebracht, Dirk, Heimathafen Wiesbaden, stellte einen großen Fernseher aufs Vordeck, damit die Fußballfans unter den Thais das Fußball WM Spiel Deutschland - Serbien life mit gucken konnten.  Der Mekong "Golden Dragon" wurde mit Tonic, Limonen & viel Eis verabreicht, das Bier floss in Strömen & die Arbeiter kamen mit Unmengen gegrilltem Fisch, Prawns und später noch mit einer Eistorte an.  Wie war ich froh, dass Liping "nur" Frikadellen und Koteletts gemacht hatte. 
 
Wenn wir hier bis Ende des Jahres fertig werden, so geht es weiter nach Chagos, Mauritius, Madagaskar und Südafrika, denn der andere Weg hat mich noch nie gereizt.  Wo ich dann meinen nächsten Geburtstag verbringen werde, das steht wie immer in den Sternen.  Wenn es zeitlich nicht hinhaut, denn bleiben wir eine weitere Saison in dieser generellen Ecke und lassen es uns gut gehen.  Außerdem haben sich etliche Freunde für einen Besuch angesagt.  Aus Taiwan, Saigon, Bangkok und allen möglichen anderen Ecken. 
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07°49.01'N 098°21.66'E

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