Sunday, September 29, 2013

Zwei Monate wieder in Deutschland

Moinsen,
 
Nun sind wir schon seit über zwei Monaten wieder in Deutschland und es wird langsam Zeit, dass ich ein Lebenszeichen von mir gebe.  Der Schocker erfolgte allerdings vor der Abreise, als ich nämlich unsere etwa 600 Bücher nach Hause schicken wollte.  Teuer war das ja immer schon, aber jetzt ist es wahrlich unbezahlbar.  Die Post sowohl in Martinique als auch in Trinidad macht nur noch Luftpost, war also nichts.  Im Voraus und per Online Übergewicht bei Condor buchen geht in Trinidad überhaupt nicht.  Ein Spediteur wollte vom Hafen in Port of Spain zum Hafen nach Hamburg für ein Seefracht-Paket von 50 cm x 50 cm x 50 cm und einem Gewicht von 40 kg sage und schreibe US$ 1.277 haben!  Schweren Herzens mussten wir also unsere Bücher dort lassen.  Doch auch so hatten wir noch genug zu schleppen.  Ohne einen hilfreichen Chinesen, der in Trinidad als Koch gearbeitet hatte, wäre es noch schwieriger geworden.  Er hat nämlich kurzerhand unser Gepäck bei sich mitgenommen und wir haben es uns dann in Frankfurt wieder geholt.  Eigentlich sollte die Gepäck-Saga damit zu Ende sein, doch leider war sie es immer noch nicht.  Wochenlang litt ich unter starken Rückenschmerzen (Muskelzerrung), konnte kaum gehen und war deswegen fast jeden Tag beim Arzt.  Immerhin ist jetzt alles wieder OK.  : – ) 
 
Erfreulich war die Tatsache, dass es überhaupt gar keine Probleme machte mit der ganzen Familie in die gesetzliche Krankenversicherung einzutreten.  Ich musste nur wieder in die alten Krankenversicherung, bei der ich als Student versichert gewesen war und das war auch schon alles.  Damit war ich eine meiner größten Sorgen los.  Aurora Ulani kam mit der Schule ganz ausgezeichnet klar und hat jetzt schon mehrere Einsen nach Hause gebracht.  Selbst in Mathe, ihrem schlechtesten Fach!  Mit Gloria durfte ich zwar öfters nach Schleswig zur Ausländerbehörde fahren und anfangs sah es auch so aus, als ob sie meinen Keaigui zum Sprachunterricht verdonnern wollten, aber das hat sich alles erledigt und jetzt hat sie ihren "elektronischen Aufenthaltstitel" und damit erst mal ein Jahr Ruhe.  Die Zeit nutzt sie, um mit den alten Schulbüchern meiner Schwägerin Valentina aus Chile selbst Deutsch zu lernen.  Kann sie ja nebenbei noch ein wenig Spanisch lernen.  <Grins> 
 
Die Behördengänge (Einwohnermeldeamt, Arbeitsamt, Krankenkasse, Familienkasse, Finanzamt, Ausländerbehörde, Ordnungsamt usw.) waren weitaus nicht so schlimm wie von anderen oft dargestellt und beim Arbeitsamt habe ich mich gleich wieder abgemeldet, indem ich ihnen einen Gewerbeschein zugeschickt habe.  Mit dem Gewerbe ist das allerdings so eine Sache.  Die Software von plentymarkets für den Online-Shop, welchen ich übernehmen als auch ausbauen will, kann sehr viel - ist dadurch aber auch sehr komplex und alles andere als user-friendly.  Es wird sehr, sehr lange dauern, bis ich das auch nur halbwegs im Griff habe.  Erschwert wird das Ganze dadurch, dass man immer damit rechnen muss von der Konkurrenz abgemahnt zu werden, wenn man auch nur den kleinsten Fehler macht.  Ich hatte gehofft für das Weihnachtsgeschäft sowohl bei eBay als auch bei Amazon vertreten zu sein, aber zur Zeit sieht es eher aus, als wenn die Geschichte noch viel länger dauern würde. 
 
Wir müssen uns auch langsam überlegen wie es mit der Knete weitergehen soll.  Da ist zum Einen der Erlös aus dem Verkauf von DHARMA BUM III.  Das Geld einfach auf der Bank vermodern zu lassen, erscheint uns denkbar ungünstig.  Und die Meinungen unserer Freunde, auch von Fachleuten, gehen himmelweit auseinander.  Ich selbst neige dazu, die Asche in eine Immobilie zu stecken und das Teil dann zu vermieten.  Bringt zwar hierzulande reichlich wenig, ist aber immer noch besser als Cash.  Unsere Freunde aus Taiwan sind allerdings der Ansicht, dass es der helle Wahnsinn ist auf irgend eine Art und Weise in Deutschland zu investieren.  Wenn schon nicht Taiwan, dann doch wenigstens Asien.  Und vielleicht wäre es sowieso besser nach Anleihen Ausschau zu halten, da der Immobilienmarkt nicht sehr vielversprechend sei.  Aber Glorias Freunde waren eben schon immer High Flyer und geborene Optimisten.  Dann ist da noch unsere alten Wohnung in Garden City.  Demnächst wird dort ein neuer Mietvertrag fällig und die Preise für die Wohnungen dort sind um fast 70% gestiegen, seit Gloria das Teil gekauft hat.  Nicht gerade die beste Zeit, um dort jetzt etwas zu kaufen.  Aber irgendwie müssen wir unsere Altersversorgung sicher stellen, denn wir können uns jetzt schon an zwei Fingern abzählen, dass es mit dem Geld verdienen zumindest in dieser Gegend äußerst mau aussehen wird.  Wir machen uns viele Gedanken und führen unzählige Diskussionen...
 
Durch unserem alten Freund Gunnar Witt bekamen wir drei Fahrräder, so dass wir inzwischen auch Fahrradtouren unternehmen können.  Erst wollte unsere Tochter nicht so recht und fuhr immer mit einem kleinen Klapproller durch die Gegend, doch nachdem wir ihr ein Spielzeug versprochen hatten, konnte sie auf einmal sofort Fahrrad fahren.  Bestechung funktioniert!  Letzten Dienstag war sie mit dem Fahrrad zum Ballettunterricht im Nachbardorf, was ich eigentlich nie mitmachen wollte.  Sie will aber unbedingt, ihre Freundinnen sind auch da und die Kosten sind minimal.  Montagnachmittag hat sie ihre erste Fete geplant, damit sie die anderen Mädchen besser kennenlernen kann.  Sie hat ein richtiges Programm ausgearbeitet, für verschiedene Geschmacksrichtungen, Zeiten und so weiter.  Von mir hat sie das ganz bestimmt nicht!  Ansonsten gehen wir viel spazieren, entweder durch den Wald, am Fluss entlang oder um den See herum.  Pilze sammeln bringt viel Spaß und Gloria hat sich mal wieder selbst in der Küche übertroffen, indem sie frische Pilze im Backofen in der Pyrexform mit Lauchzwiebeln & Knoblauch gebacken hat.   Einfach köstlich! 
 
Bei all den Leckereien bleibt eines natürlich nicht aus:  Unsere Bäuche wachsen und wachsen, so dass wir jetzt lieber doch gänzlich auf Butter und Margarine verzichten.  Leckeres Essen ist auf jeden Fall weiter wichtig, wie man es von einer Chinesin nicht anders erwarten kann.  Inzwischen hat sie ihre Küchenausstattung um eine Fritteuse erweitert, da in der chinesischen Küche Gemüse oft ganz kurz frittiert wird, um es hinterher weiterzuverarbeiten.   Nachdem ich mich schon auf dem Boot gegen einen der großen chinesischen Jet Gasbrenner ausgesprochen hatte, mit dem der Wok schnell auf die richtige Temperatur gebracht wird, so wollte ich mir auch jetzt nicht unbedingt die Bude über dem Kopf abbrennen. 
 
Apropos Wohnung.  Überraschenderweise will unsere Mieterin am 1. November ausziehen, so dass wir die Wohnung ohne größeren Stress selbst nutzen können.  Da sie allerdings nur ein Schlafzimmer hat, werden wir die alte Treppe wieder herrichten, so dass die kleine Winzwohnung unten im Keller und die normale Einzimmerwohnung mit großem Wohnzimmer im Erdgeschoss beide nutzen können, ohne draußen immer durch Kälte, Wind, Regen oder Schnee stiefeln zu müssen.  Ein Auto hatten wir schon ganz am Anfang gekauft, denn ohne geht es hier auf dem Land wirklich nicht.  Wir leben also ganz "normal" und ich muss sagen, dass ich im Wesentlichen mit Segelpapst Bobby Schenk übereinstimme:  Um die Wiedereingliederung an Land wird viel zu viel Wind gemacht und sie ist bei weitem nicht so schwierig wie das Langstreckensegeln mit relativ kleinem Budget.  Und noch mit einer anderen seiner Ansichten stimme ich durchaus überein:  Es fahren heutzutage viel zu viele Leute auf den Weltmeeren herum, die dort im Prinzip nichts verloren haben.  Die Leute vermisse ich ganz und gar nicht. 
 
Zur Zeit finden wir es jedenfalls ganz große Klasse wieder hier zu sein, Zeit mit Familie und alten Freunden zu verbringen und die Eigenarten der Norddeutschen wiederzuentdecken.  Natürlich vermissen wir unsere Yachtie-Kumpels und die vielen schönen Plätze, die wir in den letzten acht Jahren besucht haben.  Glücklicherweise gibt es ja eMail und diverse andere elektronische Medien, so dass die Entzugserscheinungen hoffentlich nicht gar zu heftig ausfallen werden.  In den nächsten Sommerferien planen meine beiden Mädels nach Taiwan zu fliegen, denn unsere Tochter soll ja nicht ihr ganzes Mandarin-Chinesisch verlernen, welches wir ihr so mühsam beigebracht haben.  Deswegen machen wir auch weiterhin noch Calvert School, denn Englisch ist nach wie vor ihre beste Sprache und die soll sie ebenfalls nicht verlernen.  Ansonsten liest sie zur Zeit in Windeseile alle Hanni & Nanni Bücher durch, dass es eine wahre Freude ist.  Sie hat gleich bei zwei Büchereien eine Mitgliedskarte, so dass sie wohl erst einmal versorgt ist. 
 
Demnächst fangen hier die Herbstferien an und der Sommer ist auch definitiv vorbei.  In den Geschäften kann man Stollen, Lebkuchen, Dominosteine und Adventskalender kaufen.  Grünkohl gibt es auch schon, aber noch keinen Glühwein.  Wird sicher auch bald kommen.  Ich habe mir schon ein Heizkissen für kalte Füße zugelegt und bin ganz gespannt wie wir den ersten Winter hier erleben werden.  Und die erste Einladung für eine Silvesterfete bekam ich auch gestern schon.  Auf jeden Fall lässt sich alles gut an!  Hoffen wir, dass es auch im nächsten Jahr so weiter geht. 
 
Viele liebe Grüße aus Norddeutschland schicken euch
 
Holger, Liping & Aurora Ulani Jacobsen