Sunday, March 04, 2012

Drei Monate Südafrika

Samstag, der 3.3.2012
Moin Leute,
 
Es wird wirklich Zeit, dass ich mal wieder etwas schreibe hier.  Bald nachdem wir an Bazaruto in Mosambik vorbei gesegelt  waren, schlug trotz positiver Vorhersage das Wetter um, so dass wir Richtung Maputo steuerten, um eventuell dort Schutz zu suchen.  Hätten wir man machen sollen!   Da die Wettervorhersage allerdings doch wieder günstig wurde und all unsere Freunde auch nach Richards Bay weiter segelten, taten wir es ihnen gleich.  Innerhalb von vielleicht einer Stunde baute sich dann eine etwa vier Meter hohe See auf, in die wir immer wieder hineinkrachten.  So etwas ist immer stressig & führt auch oft zu Bruch. 
 
Aurora Ulani sprach von Drähten & Kabeln und fragte, warum die denn da jetzt an der Want herumbaumelten.  Ich bekam einen gewaltigen Schrecken, als ich bemerkte, dass wir im Begriff waren unseren Mast zu verlieren.  Zwar sicherte ich alles notdürftig ab, aber so richtig segeln konnte ich so natürlich nicht mehr.  Die letzten paar Seemeilen vor Richards Bay herrschte  dann echtes Schietwetter & auch im total überfüllten Hafen hörte der Stress nicht auf.  Ich war ziemlich froh als Max von der SAFINA im Schlauchboot raus kam, uns half und uns erlaubte bei ihm längsseits zu gehen. 
 
Dummerweise klappte mit Reparaturen erst einmal gar nichts, denn ab Anfang Dezember stehen in Südafrika für einen Monat die Räder still.  Weihnachten, Neujahr, Große Sommerferien.  Irgendwann im Januar bekam ich dann meine neue Want mit Norseman-Terminals statt Pressung (eine "Bootseinheit" von etwa € 1.000) und konnte auf ein Wetterfenster warten, um gen Süden zu starten.  Unsere Freunde von der SALSA, LUNA, PARPAR usw. waren da längst schon weg.  Sie hatten eine  problemlose Fahrt nach Kapstadt. 
 
Wir nutzten die  Zwischenzeit, um die großen Naturparks in Afrika zu besuchen und zwar zusammen mit unseren Freunden Michael und Sylvia Herbst von der TANOA.  Es war wirklich beeindruckend!  Schon in der ersten halben Stunde sahen wir alle möglichen Tiere.  Löwen, Giraffen, Nashörner, Kaffernbüffel, Flusspferde, usw. usf.  Von Geparden oder gar Leoparden sahen wir allerdings nichts. 
 
Als wir endlich aus Richards Bay weiter konnten, fing der Stress sofort ernsthaft an.  Erst gab unser Autopilot den Geist auf.  Also Handsteuern.  Dann blieb der Steuerbord-Diesel andauernd stehen.  Wahrscheinlich Luft im System.  In stundenlanger mühseliger Arbeit (immer schön seekrank) wechselte ich den "Linear Drive" aus, aber leider half das auch nichts.  Als wir endlich in Durban ankamen und ich die Drehzahl runter nahm, blieb zu meiner großen "Freude" auch der Backbord-Diesel stehen.  Also mitten im Hafen Anker runter.  Michael und Edmund von der  TANOA kamen vorbei, aber so auf die Schnelle konnten wir nicht entdecken was Sache war. 
 
Ich brauchte gar nicht lange überlegen:  Beide Sachen machten einen Fachmann erforderlich.  Der Dieselmechaniker Jonathan hat dann zwei neue Gummipumpen eingebaut, die das Entlüften wesentlich leichter machen & auch noch einen kaputten Gummischlauch ausgewechselt.  Damit waren beide Motoren wieder einsatzbereit.  Die Diagnose in Sachen Autopilot war allerdings nicht so toll.  Raymarine Kurscomputer Schrott, ein neuer musste her.  Dadurch wurde ich dann wieder runde € 2.700 ärmer.  Eingebaut, angeschlossen, eingestellt und kalibriert habe ich das Teil dann selber. 
 
TANOA war schon einmal fast 300 Seemeilen umsonst gefahren, da sie aufgrund des Wetters umkehren mussten.  Die "Wild Coast" ist  bestimmt kein Platz, um unnötige Risiken einzugehen.  Um so glücklicher waren wir alle über die Tatsache, dass man in diesem Lande in jedem Hafen wieder ein- und ausklarieren muss.  Der Papierkrieg ist enorm.  Irgendwann kamen wir trotzdem los, ich musste vor  dem Hafen unzählige Kreise drehen, um danach Zick-Zack zu fahren, bis der Autopilot sein "Auto Learn" vollendet hatte.  Weiter ging es von Durban nach Port Elisabeth, wo schon wieder schlechtes Wetter kommen sollte.  In den Yachthafen wo die MOMO lag wollten wir allerdings nicht herein.  Statt dessen war geplant draußen vor zu ankern.  Ich schaltete den nagelneuen Autopilot aus - und konnte nicht mehr steuern.  Beide Steuerseile waren gebrochen.  Also nur noch Notpinne und Autopilot.  Obwohl uns die "Port Control" sagte, dass es dort draußen nicht sicher wäre, habe ich mich strikt geweigert ohne vernünftige Steuerung in den Hafen einzulaufen. 
 
Wie schon in Neuseeland verbrachte der arme Edmund Fritz viele Stunden in meinem Maschinenraum und auch Michael Herbst hat uns viel geholfen.  Die  Hafenbehörde erlaubte uns mit dem Schlauchboot in den Hafen einzulaufen.  Zusammen mit MOMO-Gerold (er ist von "Tagedieb und Taugenichts" von Hugo Wehner genau so begeistert wie ich und hat ihn sogar einmal getroffen) und Edmund ging es dann los neue Steuerseile zu kaufen.  Michael & Edmund waren danach bis fast zum Einbruch der Dunkelheit dabei den ganzen Mist einzubauen.  Grund für die Eile war ein sich öffnendes Wetterfenster.  Wir sind noch am selben Abend los und wollten endlich ums Kap.  Bei TANOA hat es auch geklappt, denn sie haben eine größere Segelgarderobe und segeln auch sonst viel schneller als wir total überladene lahme Ente.  Für ihre tatkräftige Hilfe haben wir die beiden dann hier zu einem leckeren Abendessen mit vier Gängen a la Liping eingeladen.  Leider hatte der arme Edmund davon nicht viel, denn er hatte sich ausgerechnet an dem Tag mal wieder den Magen mit einem Essen im Restaurant verdorben. 
 
Ich war schon drauf & dran um das Kap Agulhas zu segeln, als ich im Peri-Peri Wetternetz schon wieder eine Starkwindwarnung bekam.  Wir brauchten den halben Tag, um in die Struisbaai rein zu kreuzen.  Schutz war dort allerdings so gut wie keiner, so dass ich noch am selben Abend wieder Anker auf gegangen bin.  Gegen 20:00 Uhr umrundeten wir das südlichste Kap Afrikas, was gegenüber der allgemeinen Meinung nicht das Kap der Guten Hoffnung, sondern das Kap Agulhas ist.   Die französische Seglerlegende (und mein und Elis großes Vorbild) Bernard Moitessier nannte es "eines der drei großen Kaps".  Der Meinung waren auch die Fischer, die wir in dieser Gegend trafen. 
 
Kaum waren wir um die Ecke rum, da fing es schon wieder an zu blasen.  Also Kursänderung nach Hermanus.  Wieder dauerte es ewig lange, bis wir dort hineingekreuzt waren.  Was allerdings viel schlimmer war:  Alles war voller Felsen & Kelp, der Hafen selbst winzig klein.  Wir haben in der Einfahrt den Anker geworfen, aber es war klar, dass wir dort auf keinen Fall bleiben konnten.  Der Wind frischte immer mehr auf, auf Funk meldete sich niemand & ich machte das Beiboot klar, um an Land zu fragen wo ich mich hinlegen sollte.  Nada.  Es war eine ganz schön haarige Situation.  Auf Funk hörten wir von einer "Gale Warning".  Na Klasse!
 
Auf einmal meldete sich Radio Kapstadt, es folgte ein stundenlanges Palaver, sie riefen die Jungs in Hermanus per Telefon an, aber nichts passierte.  Ich überlegte schon in das schlechte Wetter reinzufahren, statt mein Boot an den Felsen zu verlieren, als plötzlich ein RIB der "Sea Rescue" auftauchte, obwohl ich darum ganz bestimmt nicht gebeten hatte.  Trotzdem war ich ausgesprochen froh, dass sie da waren.  Mit ihren starken Motoren konnten sich mich an eine Muring bringen, denn meine eine Maschine lief zwar, lieferte aber Null Schub.  Wahrscheinlich Kupplung im Eimer. 
 
Den nächsten Tag kachelte es ganz gewaltig und ich war froh an der Muring zu liegen.  Allerdings nicht so ganz, denn deren schwere  Eisenkette war dabei mir mein schönes neu lackiertes Boot zu zersäbeln.  Da der Wind am Tag darauf nachließ, konnte ich mit Hilfe von Profi-Tauchlehrer Boet Scheun aus Namibia (ehemals Deutsch-Südwestafrika) das Boot ein bisschen besser an die Muring legen - nur ballerte jetzt der harte "Muringball" andauernd an meine Bordwand.  Boet ist wie fast alle Leute hier aus der Gegend ausgesprochen freundlich & hilfsbereit.  Als ich ihn nach dem Weg zum Einkaufszentrum fragte, bot er sofort an uns dorthin zu fahren.  Dann gab er mir seine Telefonnummer und sagte, er würde uns mit dem Kleinlaster abholen, wenn wir mit dem Einkaufen fertig wären.  Zum Dank dafür luden wir ihn und seinen Gehilfen Francois abends zu einem "Sundowner" an Bord ein.  Boet ist seiner eigenen Meinung nach kein richtiger "Südwester", denn er trinkt keinen Alkohol.  Dafür spricht er Deutsch, Afrikaans und Englisch. 
 
Von Hermanus aus ging es dann um das Kap der Guten Hoffnung, manchmal auch Kap der Stürme genannt.  Angeblich soll es dort um die 100 Tage im Jahr mit Windstärke 11 oder mehr blasen.  Ab März soll glücklicherweise die angenehme Jahreszeit hier anfangen.  Am Kap dümpelten wir eine ganze Nacht in der Gegend rum, denn wir wollten nicht  bei Dunkelheit in der Houtbaai einlaufen.  Unsere Freunde Kirk von der SALSA und Lars von der LUNA standen dort schon mit dem "Marina Manager" Alan bereit, um uns beim Festmachen zu helfen.  Mit einem Kat, nur einer einsatzbereiten Maschine und Wind ist das oft eine schwierige Angelegenheit.  Es ging aber alles glatt und nun liegen wir hier schon seit über einer Woche.  Tagsüber ist es warm bis heiß, während es abends und nachts empfindlich kalt wird, besonders wenn der Wind aus Süden weht.  Für abgehärtete Norddeutsche bestimmt kein Problem, aber inzwischen gehören wir ja eindeutig zu den Tropenvögeln.  MOMO und DAKOTA liegen ebenfalls hier, während andere Freunde über den Berg rüber in der False Bay im Yachthafen von Simonstown liegen. 
 
Die Segel und das Sailcover sind allesamt bei North Sails und kommende Woche will auch der Dieselmechaniker kommen.  Wir haben eine dreimonatige Verlängerung für unser Visum hier beantragt und planen uns demnächst um Lipings Visum für Brasilien zu kümmern, wozu sie persönlich auf den Konsulat hier erscheinen muss.  Für Trinidad wird es noch nerviger, denn sie darf das Visum nur in ihrem Heimatland beantragen.  Wird also wieder sauteuer und zeitaufwendig, da sie ihren Pass per Eilkurier nach Taiwan schicken muss.  Und natürlich wieder zurück.  Ansonsten ist alles frisch hier und irgendwann müssten auch die Materialien für die 4. Klasse der amerikanischen Calvert School hier auftauchen.  Ende Juni ist sie nämlich voraussichtlich mit der 3. Klasse fertig.  Die Zeit fliegt in der Tat wie ein Pfeil!
 
Gestern Abend waren wir auf einer Fete von diversen Südafrikanern, alle eher Hippiemässig angehaucht.  Ein wunderschönes Haus mit einmaliger Aussicht über False Bay und die Berge hier.  Wir haben eine Menge neue Sachen über dieses Land gelernt, Aurora Ulani hat mit einer schwarzen Katze gespielt und ein Katzenbuch geschenkt bekommen.  Die eine Künstlerin dort erzählte uns, dass sie noch nie so viel von anderen Leuten (Lars? Kirk? Dessen Freundin?) über ein achtjähriges Kind gehört hat wie über unsere Tochter.  Das sie dabei auch sehr anstrengend sein kann, haben die Leute auf der Fete glücklicherweise nicht sehen können, obwohl sie bemerkten, dass unsere Kleine ununterbrochen plappert.  Ist eben ein echtes norddeutsches Plappermaul.  <Grins>
 
Heute Abend hat uns DAKOTA-Peter in ein nobles Fischrestaurant eingeladen, um sich für die vielen Computerjobs zu bedanken.  Ansonsten ist immer genug zu tun, so dass bestimmt keine Langeweile aufkommen wird. 
 
Viele liebe Grüße von den drei Chaoten
Holger, Liping & Aurora Ulani
Catamaran DHARMA BUM III
Hout Bay Marina, Berth No. 90
South Africa
34°03.02'S 018°20.85'E
Phone 1: +27719749347 Holger
Phone 2: +27719284443 Liping