Wednesday, February 10, 2010

Grüße aus Singapur

Als wir gerade in die Strasse von Singapur einbiegen wollten, wurde ich während meiner Freiwache von Liping geweckt.  Sie wußte nicht so recht, ob wir mir einem Schiff auf Kollisionskurs waren.  Ich war sofort hellwach, denn nur vor ein paar Tagen hatte sich folgendes abgespielt.  
 
Obwohl wir außerhalb der Schiffahrtsstraßen segelten, kam ein Frachter langsam aber sicher immer näher.  Da mir das nicht gefiel, rief ich ihn über Funk an und fragte ob er uns wohl auf seinem Radar sehen könnte.  Er bejahte und meinte uns deutlich an Steuerbord sehen zu können  --  wir waren aber an Backbord.  Ganz schlechte Nachrichten.  Natürlich hatten wir unsere Positionslichter an, aber der Knabe hatte sie offensichtlich nicht gesehen.  
 
Ich sah sofort, daß der Kahn uns übermangeln wollte und riß das Ruder hart nach Steuerbord.  Der Kahn rauschte *sehr* dicht an uns vorbei und Liping fing ganz mächtig an zu zittern.   
 
Als es hell wurde, sahen wir dann auch, daß die Schiffe dicht an dicht bis zum Horizont lagen.  Dagegen war die Anfahrt zum Panama Kanal das reinste Hinterwäldlerdorf...  Immerhin schienen sich die Schiffe in der Strasse von Singapur an die Schiffahrtsstraßen zu halten, was in Indonesischen Gewässern so gut wie nie der Fall war.  Als wir das herausgefunden hatten, war alles eher einfach. 
 
Wir ankerten außerhalb der Nongsa Point Marina und erforschten die Lage mit dem Beiboot.  Für 100 Ami-Taler konnten wir zwei Wochen bleiben, was unglaublich billig ist, wenn es um ein 4-Sterne Ressort mit Yachthafen geht.  Nicht nur das:  Auch die Leute waren immer freundlich, lächelten viel und waren stets hilfsbereit.  Das sah bei der Marina in Bali ganz schön anders aus und außerdem war jene auch noch ausgesprochen teuer.  (Dort hatten wir statt dessen ganz hinten im Hafen von Benoa geankert.)  Wir säuberten unsere Wassertanks, das Unterwasserschiff und hatten auch sonst immer genug zu tun, bevor wir nach Singapur ausklarierten. 
 
Die Überfahrt verlief problemlos & als wir bei Angler Point per Funk nach der Einwanderungsbehörde riefen, ließen diese nicht lange auf sich warten.  Sie kamen mit einem kleinen Boot vorbei, holten mit einem Kescher unsere Pässe ab und schon kurze Zeit später konnten wir weiter fahren.  Ankern wäre ganz ausgeschlossen, meinten sie, so daß ich den Hafenmeister über Funk fragte, ob wir denn wenigstens Segel setzen dürften, um nicht im Dunkeln anzukommen.  Durften wir. 
 
Als wir beim Changi Sailing Club angekommen waren, hängten wir uns sofort an eine Muring und befanden gleich, daß wir an einem hübschen Plätzchen gelandet waren.  Nach einem kurzen Fußmarsch den Hügel hoch, kommt man zu einem parkähnlichen Gelände, das von tropischer Vegetation beherrscht wird.  Beos, Kakadus und Sittiche fliegen durch die Gegend und erfüllen die Luft mit ihrem Klang.  Während es zur Stadt der Wolkenkratzer auch nur eine Busfahrt ist, fühlt man sich hier an ländliche Stille erinnert. 
 
"Aber halt!" dachte ich.  Man soll sich nie auf den ersten Eindruck verlassen, zumal Touristen ja immer wieder auf diese extra für sie bereitgehaltenen Kulissen hereinfallen.  Wie könnte es auch anders sein, da sie ja diese Gegenden so gut wie nie verlassen?  Wir haben Segler kennengelernt, die jahrelang an einem Platz gelegen haben, ohne auch nur den blassesten Schimmer der dort herrschenden sozialen Probleme zu haben. 
 
Doch unser Gefühl trügte uns nicht.  Natürlich hat Singapur wie jedes andere Land auch seine eigenen Schattenseiten, doch war der positive Aspekt weitaus stärker.  Ich hatte 1982 ein ähnliches Erlebnis gehabt, als ich zuerst nach Taiwan zog.   Damals hatte das Land eine überaus negative Presse weltweit und ich war gar nicht so begeistert von der Idee, dort ein halbes oder ein ganzes Jahr zu bleiben, um mein Chinesisch zu verbessern.  Statt dessen verliebte ich mich in dieses Land und betrachte es jetzt als meine eigentliche Heimat. 
 
Hier entdeckten wir viele Gemeinsamkeiten mit Taiwan, wenn auch mit mehr tropischem und multikulturellem Beigeschmack.  Zu allererst wurden wir von den Chinesischen Mitgliedern des Segelclubs unter ihre Fittiche genommen.  Der Manager, Edward, und sein guter Freund Kit nahmen sich ganz von Anfang unser an und bemühten sich in jeglicher Weise uns willkommen zu heißen und zu Hause zu fühlen.  Dann stellten sie uns dem Rest der Bande vor.  Einige sind recht wohlhabend und stellen sicherlich nicht die Norm der Gesellschaft in Singapur dar.  Andere sind ganz normale Mittelklasse und noch andere sind einfache Arbeiter.  Und alle haben immer versucht uns in ihre Aktivitäten mit einzubeziehen oder uns irgendwie behilflich zu sein. 
 
Vielen Dank, Changi Sailing Club!
 
Wie schon so oft, waren wir wieder einmal durch puren Zufall genau an der richtigen Stelle gelandet.  Die meisten Leute im Klub sind hauptsächlich an Regatten interessiert und in der ganzen Zeit hier haben wir nicht einen einzigen ausländischen Yachtie gesehen.  Diese segeln meist an Singapur vorbei ("Es ist sowieso einfach alles verboten in Singapur!"  --  Welch reiner Medienquatsch!) oder bleiben in den Yachthäfen für wahrhaft reiche Leute.  Und so sind diese Leute hier sehr viel mehr an unserem Lebensstil interessiert, als sie es sonst wären. 
 
Einer der Mitglieder, Henry, erzählte uns, daß sein Schwager für das Fernsehen hier arbeitet und fragte ob es in Ordnung wäre, wenn er ihm unsere Telefonnummer geben würde.  Natürlich war es das!  Also rief Derek Goh kurze Zeit später an, ein Treffen wurde vereinbart und kurze Zeit später fingen die Filmarbeiten für einen halbstündigen Dokumentarfilm an.  Obwohl wir mit solchen Dingen schon gewisse Erfahrungen in Taiwan gemacht hatten, waren wir doch angenehm überrascht ob der Professionalität und des Engagements des Fernsehteams hier. 
 
Später fanden wir dann heraus, daß Derek Goh ein preisgekrönter Direktor/Producer ist, dessen Arbeit mehr oder weniger sein ganzes Leben ist.  Er sagte uns, daß er über die "Ratings" und Karriereüberlegungen hinausgewachsen sei und es ihm inzwischen einzig und allein darum ginge, wirklich GUTE Dokumentarfilme zu produzieren.  Er gab uns ein paar Youtube-Links, so daß wir uns einige Filme ansehen konnten.  Sie waren wirklich ausgezeichnet und Liping & mir kamen die Tränen.  Liping hat sich viele Stunden mit ihm unterhalten, wobei sie bemerkte, daß es ihm selbst auch nicht anders ging, wenn er über einige Episoden berichtete.  Solche Leute trifft man nicht so oft & wir ziehen auf jeden Fall unseren Hut vor ihm und schätzen uns glücklich ihn getroffen zu haben.     
 
Leider gehen solch gute Zeiten immer allzu schnell zu Ende.  Die Einwanderungsbehörde verweigerte eine weitere Verlängerung des "Landing Passes" (14 + 30 Tage insgesamt) und auch in Malaysia bekam Liping nur ein Visum für 14 Tage.  Dabei hatten wir eine größere Überholung in Langkawi geplant!  Vielleicht haben wir aber Glück und bekommen eine etwas großzügigere Verlängerung dort oder wir müssen es in Phuket versuchen.  Aber immerhin dürfte es nach Singapur ein wenig billiger werden, zumal wahrscheinlich keine so nette Bar nur wenige Meter von unserer Muring entfernt liegt.  ;-) 
 
Der "Tuesday Report" sollte irgendwann Ende April 2010 auf dem Kanal 8 von Mediacorp (Singapur) herauskommen und sobald ich die Youtube-Links habe, werde ich versuchen sie hier einzubringen.  Wir werden es erleben...  Ansonsten wird der Törn nach Langkawi/Phuket sicherlich ganz anders werden als sonst.  Zwei der großen M12-Bolzen an meiner Backbord-Pütting sind abgeschert, so daß sich die Pütting selbst nach außen verbogen hat.  Ich habe die Bolzen ersetzt, je vier Unterlegscheiben zwischen Rumpf und Petting gepflanzt und den Spalt zwischen Rumpf und Pütting zusätzlich mit Epoxid und Mikroballons zugekleistert.  Trotzdem müssen wir nun sehr vorsichtig sein, bis wir diese Geschichte vernünftig repariert haben.  Dazu kommen noch die vielen Netze, die hier an der Küste ausliegen, so daß uns mehrfach geraten wurde, nicht des Nachts zu segeln.  Zu guter Letzt kommt dann noch eine starke Gezeitenströmung, die es geraten sein läßt, vor Anker zu gehen, wenn die Tide gegen einen ist.  Au Backe!   
 
Um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, habe ich zwei weiter 25 Liter Dieselkanister gekauft, so daß wir jetzt 520 Liter Sprit an Bord haben.  Damit könnten wir eine Maschine mit niedriger Drehzahl volle zwei Wochen lang laufen lassen.  Doch keine Angst!  Auch jetzt planen wir keineswegs zu "Diesel-Seglern" zu werden.  Wie immer werden wir wahrscheinlich das allerlangsamste aller Boote sein und natürlich erwarten wir, daß uns der nächste Landaufenthalt genauso gut gefallen wird wie dieser hier.  Wie Karl & Libu von der ROSINANTE einmal sagten:  "Uns gefällt es überall!"
 
Phone:  +6583019317

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