"Ich habe mir das Familiensegeln anders vorgestellt. Ich fühle mich durch Astrid und Kyms Anwesenheit zwar nicht überfordert, aber die unvorstellbare Wuling von Spielzeug und Segeln, die von schmutzigen Geschirr überbordende Spüle, die nassen Kojen mit Kind und einer vor Seekrankheit und Bedenken blassen Frau darin -- das setzt mir ziemlich zu."
Wilfried Erdmann, Gegenwind im Paradies, S. 27
02°38.7301' S, 095°40.8796' W Sa., 17.3.2007
Heute sind wir seit genau fünf Tagen unterwegs, wobei wir uns nach wie vor in den Doldrums befinden. Das paßt Liping & mir eigentlich ausgezeichnet, denn obwohl wir pro Tag nur etwa 75 Seemeilen gut machen, so geht doch alles viel gemächlicher & ohne Streß ab, was uns im Prinzip viel wichtiger ist. Daß kaum einer der Segler das so sieht wie wir, merkten wir erst gestern abend wieder.
Gegen 22:30 Uhr sah ich ein Licht am Horizont, woraufhin ich mein Flutlicht angeworfen habe. Nach kurzer Zeit wurde mein Signal erwidert & auf Kanal 16 erfuhr ich, daß es sich um die Segelyacht S/V CONSTANCE handelte, die erst vorgestern abend in den Galapagos losgesegelt sind. Ganz offensichtlich unter Maschine, denn Wind gab es ja so gut wie keinen. Sie meinten, daß sie vorhätten, schon in 14 Tagen in Hiva Oa einzuklarieren, während mein MaxSea Programm zur Zeit für uns mit 40 Tagen rechnet.
Solange genug zu essen und trinken an Bord ist, gefällt es uns hier ganz gut. Liping meinte schon, daß es wohl die erbärmliche Verpflegung auf den anderen Booten sein muß, welche die Leute dazu treibt Tag und Nacht unter Maschine zu "segeln". <Grins>
Vorgestern abend sahen wir ebenfalls ein Licht & in der Nacht davor schnaufte es auf einmal ganz fürchterlich neben uns, so daß uns wohl ein Wal oder ein großer Delphin besucht hat. Sehen konnte ich bis auf kleine rot leuchtende hüpfende Punkte allerdings gar nichts. Was das nun wieder für Viecher waren?
Unser frisch reparierter & neu lackierter Linear Drive hielt übrigens keine 19 Stunden. Drei Stunden später war der neue drin, der bis jetzt noch keine größeren Schwierigkeiten gemacht hat. Seekrank wurde dieses Mal überhaupt keiner, was bei uns das erste Mal der Fall ist. Bis jetzt fiel noch kein Regentropfen, kein Gewitter zwang uns zur Segelarbeit & überhaupt ist alles so tranquilo wie noch nie zuvor. Wenn ich daran denke, wie mein Bruder Birger & ich uns 1989 auf dem Weg nach Belem abgerackert haben bzw. wie rauh der Törn von Cabo San Lucas nach Hiva Oa mit Liping 1995 war, so bin ich wirklich sehr dankbar.
Selbst die Maschinen machen gerade keinen Streß. Die einzige Sache, die ich zur Zeit im Auge behalten muß, ist das Leck an der Logge. Ich pumpe alle 12 Stunden die Bilge aus, lasse aber sonst alles wie es ist, denn mir scheint, daß meine Abdichtungsversuche die Sache eher verschlimmern.
Seit gestern steht die Sonne nördlich von uns & nun wird sie sich jeden Tag weiter von uns entfernen. Nachts werfe ich oft das Fuji-Planetarium an, wobei man immer wieder etwas dazulernt. Vor allem, wenn man zusätzlich noch im Lexikon nachsieht, in dem ich sowieso in letzter Zeit recht viel herumstöbere. (Das Lexikon schrieb zum Bleistift, daß nur etwa 10% der Gymnasiasten in D-Land es auch tatsächlich bis zum Abitur schaffen. Die Oberstufe ist also deutlich schwieriger als in Amiland, Taiwan oder anderen Ländern. "Those who are university-bound then enter a track of rigorous preparatory secondary education by attending a highly competitive, academic Gymnasium (junior and senior high school)." Hatte meinen Kumpels ja schon immer gesagt, daß die Oberstufe bei uns etwa dem Bachelors Degree an einer Ami-Uni entspricht.)
Immer wieder verblüffend ist der sehr helle Doppelstern Sirius (Hundestern), welcher nahe am Horizont in allen möglichen Farben funkelt. Erst rot, dann grün, aber auch blau, lila oder gelb. Auf DHARMA BUM II hielt ich ihn einmal für die Positionslichter eines Schiffes, welches genau auf mich zukam. Ich ging damals ans Funkgerät & wurde langsam nervös, als absolut keine Antwort kommen wollte. Als Sirius dann blau und lila erschien, war ich komplett desorientiert, denn eine Lichterkombination mit blauen Lichtern war mir noch nicht untergekommen.
Ich übernehme grundsätzlich die erste Wache bis gegen 1:00 oder manchmal 2:00 Uhr, denn Liping muß unbedingt dann Freiwache haben, wenn Aurora Ulani schläft. Glücklicherweise ist unsere Kleine beim Segeln überaus pflegeleicht & wenn ich schlafe, pflegt sie stundenlang nur zu flüstern, um mich nicht zu wecken. Wenn ich nicht gerade lese, am Computer oder an der Funke sitze, bzw. die Sterne betrachte, so vergnüge ich mich damit mir über alle möglichen Sachen Gedanken zu machen, Pläne zu schmieden & Szenarien zu entwerfen. Viel heraus kommt dabei naturgemäß nicht, aber irgendwomit muß man sich die sechs Stunden ja beschäftigen, um nicht einzuschlafen.
So, nun soll ich gleich Lipings Haare schneiden und ein kleines Nickerchen machen, damit ich nachher wieder fit bin.
So., 18.3.2007
03°49.7833' S, 098°13.2737' W
Hätte mir ja denken können, daß es keine gute Idee ist, das Wetter zu loben. Kaum war ich draußen in Cockpit, als auch schon der erste Regen fiel. Eine typische Squall, zum Glück ohne größere Windstärken (es ging nur bis 7 Beaufort) und ohne Blitze. So regnete es ab und an immer wieder, manchmal sehr heftig & richtig prasselnd, was zumindest den positiven Seiteneffekt hatte, daß wir Wasser sammeln konnten. Wir haben es gefiltert und in Flaschen abgefüllt. Dumm war nur, daß beim Setzen des Großsegels und der anschließenden Halse ein weiterer Gartenstuhl zu Bruch ging & auch der schwarze Boppel des Gashebels dran glauben mußte. Nun darf kein weiterer Stuhl mehr zerbröseln! Drinnen ging eine Flasche mit Ammoniak zu Bruch (war wohl zu heiß gewesen in dem Schrank direkt an der Bordwand) und machte einen Karton chilenischen Rotwein ungenießbar.
Die Geschwindigkeit des Bootes ging bei der ganzen Geschichte von etwas über einem Knoten auf bis über acht Knoten hoch, hat sich aber jetzt bei etwa 5 1/2 Knoten eingependelt. Mit dem angenehm ruhigen Dahinzuckeln ist es also erst einmal vorbei, denn immer noch sind wir von schwarzen Wolkenbänken und Rumpelwasser umringt. Und irgendwann kommt dann ja sowieso der Passat & es ist ganz vorbei mit den Doldrums.
Auf dem Vordeck fand ich heute einen Tintenfisch, den ich gleich Liping übergeben habe, damit sie ihn Aurora zeigt und eventuell zu Futter verarbeitet. Bis jetzt haben wir 548 Seemeilen (ca. 20% der Gesamtstrecke) zurückgelegt & haben noch 2453 Sm (oder etwa 80%) vor uns. Wenn unsere Geschwindigkeit so bleiben würde wie in diesem Augenblick, dann dürften wir zwischen dem 4. und 6. April in Hiva Oa eintrudeln. Letztes Mal erwies sich die Prognose als ausgesprochen akkurat, aber ich nehme nicht wirklich an, daß wir es so schnell schaffen werden.
Mo., 19.3.2007
04°15.8560' S, 099°36.8859' W
Es ist erst 9:42 Uhr morgens, doch seit gestern mittag haben wir schon über 142 Seemeilen zurückgelegt. Wenn nicht die Regenschauer wären, würde ich fast sagen, daß wir die Doldrums hinter uns gelassen haben und nun in den Bereich des Südostpassates gelangt sind. Tatsächlich bläst es mit Windstärke sechs aus Ostsüdost bis Ost, so daß wir mit über sieben Knoten dahingleiten. Bin schon gespannt auf unser heutiges Etmal.
Das Leben ist ein wenig anstrengender als vordem, da die Bootsbewegungen natürlich heftiger ausfallen. Man stützt sich am besten irgendwo ab, wenn man herumspaziert aber glücklicherweise leben wir ja auf einem Kat und nicht auf einer Bleiente. Ich kann immer weniger verstehen, warum es davon überhaupt noch so viele gibt. Liegeplätze sind hier unten ja kein Problem & das Geld ist es offensichtlich auch nicht, wenn man den Leuten denn so glauben darf. S/V RIFF RAFF zum Beispiel ist eine nagelneue Halberg-Rassy, welche etwa €400.000 gekostet hat (ohne MwSt.) & die Rob & Amanda selbst in Schweden abgeholt haben. Sicher ein schönes Schiff, aber eben doch mit wesentlich (!!!) weniger Platz als auf DHARMA BUM III & auch um Ecken unangenehmer im Passat. Einrumpfboote rollen bei Wind von hinten immer von einer Seite auf die andere & wenn man das "Glück" hat Lage schieben zu dürfen, so spielt sich das Leben meist auf einer Bordwand oder dem Fußboden ab. So berichteten uns damals Marie-Therese & Jean-Marie von der S/V POSSIBLE. Sie waren mit ihren beiden kleinen Kindern nonstop von Panama nach Hiva Oa gesegelt, wo ich sie mit frischem Brot, Früchten & Gemüse empfangen hatte.
Heute nacht träumte ich, daß ich in Flensburg keinen Job bekommen konnte, nicht einmal als Taxifahrer. So verdingte ich mich also als Rikschafahrer auf dem Jahrmarkt in Flensburg, wobei ich es als unangenehm empfand die Rikscha erst die 11 Kilometer von Oeversee auf die Exe fahren zu müssen. :-)))
Di., 20.3.2007
05°24.5156' S, 101°56.8577' W
Das Etmal betrug gestern 159 Seemeilen, was eigentlich ein guter Anfang war. Weniger schön war, daß der Schutz an der ersten Saling sich selbstständig machte & wir ein Loch im Vorsegel hatten. Da es dunkel werden wollte, war daran erst einmal nichts zu ändern.
Heute morgen hatte sich das Loch um ein Vielfaches vergrößert, so daß mir nichts anderes übrig blieb, als alle Segel zu bergen, um in den Mast zu steigen. Das ist meine absolute Ober-Lieblingsbeschäftigung, vor allem auf hoher See & bei entsprechendem Seegang. Dementsprechend dann auch die Stimmung an Bord. Statt Bootsmannstuhl mußte der Harneß herhalten, aber nach "nur" etwa 45 Minuten dort oben war die Sache bereinigt. Wir haben die Mylar-Ersatzfock gesetzt & uns mit Segel nähen beschäftigt. Kurz vor Sonnenuntergang waren wir fertig damit & haben die Fock zusammen mit der Mylar-Ersatzfock als Passatsegel gesetzt. Der Wind wurde immer weniger, so daß wir nur noch mit weniger als fünf Knoten dahinzuckeln. Wir haben den Autopiloten so umprogrammiert, daß er die Signale der Windfahne oben im Mast erhält und so steuert, daß der Wind genau von hinten kommt. Das Etmal wird morgen natürlich eher knickerig ausfallen, aber was soll's?
Mi., 21.3.2007
05°14.9533' S, 103°09.8292' W
Heute überquert die Sonne den Himmeläquator, so daß überall auf der Erde Tag & Nachtgleiche herrschen müßte. Auf der Südhalbkugel fängt jetzt der Herbst an, während in D-Land Frühlingsanfang sein müßte. Die Tage werden dort bis zur Sommersonnenwende also immer länger werden.
Wir stehen wieder ein wenig nördlicher als gestern, was natürlich daran liegt, daß wir mit den Passatsegeln den Südostpassat genau von hinten nehmen müssen. So ganz der Hit ist diese Methode nicht, denn erstens hat der Autopilot damit noch größere Schwierigkeiten und außerdem liegt die Geschwindigkeit meist unter drei Knoten. Gerade ist die Sonne aufgegangen & ich habe die Maschine der Tiefkühltruhe wegen angeworfen. Seit gestern Mittag haben wir noch keine 75 Seemeilen zurückgelegt, denn der Wind will nicht so recht mitspielen. Ab und zu kann man in nicht allzu weiter Ferne ein paar Regenschauer niedergehen sehen, wovon wir bis jetzt allerdings noch verschont wurden. Es ist erstaunlich in wie wenigen Minuten die Sonne vom Horizont auf eine respektable Höhe klettert, denn man würde nicht glauben, daß sie erst vor 23 Minuten aufgegangen ist. Wenn mein Töchterlein es mir gestattet, werde ich mich um 7:00 Uhr wieder aufs Ohr legen.
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Mit dem Schlafen wurde es natürlich nichts, aber dafür hatten wir einen angenehmen Tag unter Passatbesegelung. Den Autopilot haben wir inzwischen wieder auf Kompaßkurs eingestellt, denn sonst piepte andauernd der Alarm & des öfteren schoß der Kahn in den Wind. Scheint wohl doch was dran zu sein, an der Behauptung, daß sich bei einem Mehrrumpfboot der scheinbare Wind mit zunehmender Geschwindigkeit zu schnell ändert. Warum das allerdings von Belang sein soll, wenn der Wind mehr oder weniger genau von hinten kommt, habe ich bis jetzt noch nicht begriffen.
Wir saßen gerade beim Dinner, als ich ein Licht bemerkte, welches sich als Hochseefischer entpuppte. Auf meine Lichtsignale haben sie zwar geantwortet, aber auf Kanal 16 herrschte Stillschweigen. Sie sind so dicht an uns vorüber gefahren, daß man den Motorenlärm ganz deutlich hören konnte.
Beim Spielen mit der "Festbeleuchtung" konnte ich einen schönen Effekt beobachten, als das Dampferlicht die Passatsegel von innen beleuchtete. Sah fast aus wie eine riesige chinesische Papierlaterne, so wie ich sie vor vielen Jahren in meinem Zimmer in Frörup hatte. Noch schöner allerdings sah es aus, als die messerscharfe Sichel der neuen Mondes vorhin blutrot im Meer versank.
Do., 22.3.2007
04°33.8856' S, 105°59.8910' W
Heute war ein echter Yachtie-Tag. Erst bemerkte ich, daß die Stbd-Fockschot an der Want fast ganz durchgescheuert war. Wir mußten also schleunigst die beiden Vorsegel bergen. Da wir schon dabei waren, sind wir wieder auf die normale Besegelung umgestiegen, will heißen die normale Fock & das Groß. Die ganze Aktion dauerte nur eine Dreiviertelstunde. Anschließend verschwand ich im Maschinenraum, der halb unter Wasser stand. Die Bilgepumpe - oder genauer gesagt der Schwimmerschalter dafür - funktionierte nicht & da Öl bekanntlich auf Wasser schwimmt, sah es dort unten selbst nach dem Abpumpen des Wassers zum Weinen aus. Dafür schienen beiden Maschinen absolut in Ordnung zu sein. Ich goß ein wenig Getriebeöl an Stbd nach und bewegte mich ein Stockwerk höher.
Kaum war ich mit der Navigation fertig, da meldete Liping auch schon, daß in der Küche kein Wasser ankam. Ganz schlecht so was. Da ich die Frischwasserpumpe schon lange im Auge behalte - ich hatte in Panama extra eine neue gekauft - baute ich diese erst einmal aus, um sie zu testen. Sie schien jedoch einwandfrei zu funktionieren. Warum kam kein verdammtes Frischwasser in die Küche? Ob der Tank leer war? Kaum hatte ich unter die Sitzbank geschaut, als mir auch schon übles schwante.
Die Schwimmwesten waren allesamt naß & teilweise rostig. Überall tropfte Wasser und unten schwappte es. Also raus mit den Dingern. Dann kam der Schocker. Das Wasser floß nämlich über ein paar Rohre ab, in denen elektrische Leitungen verlegt waren. Mir wurde schlecht.
Wie befürchtet führten besagte Rohre genau zu unserer Hauptschalttafel mit sämtlichen Sicherungen, sowohl für 12 Volt als auch für 110 Volt. Wenn ich in dem Moment den Konstrukteur zu fassen gehabt hätte, so hätte er hinterher sicherlich einen Krankenhausaufenthalt benötigt.
Ich habe erst einmal eine kräftige PARMAX-4 Pumpe geriggt, die eigentlich zum Abspritzen des Decks gedacht war. Nach etwa 20 Litern konnte ich "Land" sehen, was aber auch kein Grund zur Freude war. Es sah ganz danach aus, als ob unsere beiden Edelstahl-Haupttanks durchgerostet waren, denn aus dem Abteil nebenan floß immer mehr rostiges Wasser nach. Waren etwa die ganzen 378 Liter Wasser aus den Haupttanks ausgelaufen? Das würde bedeuten, daß wir nur noch gute 130 Liter im Ersatztank als auch das gefilterte Wasser in den Flaschen hätten. Keine verlockende Aussicht. Wir mußten unbedingt herausfinden, was denn nun Sache war.
Dieses erwies sich als wesentlich leichter gesagt als getan. Wir mußten tatsächlich erst die ganze Sitzecke im Salon demontieren, bis wir überhaupt an die Tanks herankamen. Als wir sie aufmachten, waren diese randvoll! Allerdings schwammen Unmengen an Algen und anderem Dreck in dem Wasser herum. Das hatten wir natürlich Daffodil Marine Services auf Bequia zu verdanken, die uns schlechtes Wasser geliefert hatten.
Bis auf die Verschmutzung & das Leck konnten wir uns allerdings immer noch nicht erklären, warum denn nun kein Wasser in der Küche ankam. Ich habe also erst einmal die neue Pumpe aus Panama eingebaut, aber das war es auch nicht. Das Boot sah inzwischen aus als ob der Zoll nach Verbotenem gefahndet & dann Hals-über-Kopf geflüchtet wäre. Ein unglaubliches Durcheinander von meist nassen und rostigen Sachen, Werkzeug, Polstern, Sperrholzplatten, Brettern, Kissen usw. usf. stapelten sich überall im Boot und selbst draußen im Cockpit. Dabei waren wir noch relativ glücklich, da wir die Tanks nicht leer vorgefunden hatten.
Als es langsam dunkel werden wollte, dämmerte es mir dann. Es muß die Druckleitung sein, die in die Küche führt! Also habe ich morgen wieder ein interessantes Projekt. Von wegen "was macht Ihr nur den lieben langen Tag ganz allein mitten auf dem Ozean?"!?!
Um 18:00 Uhr galt es die Maschine der Tiefkühltruhe wegen anzuschmeißen. Nur wollte diese nicht mehr. Es hörte sich fast so an, als ob nicht genug Saft da wäre. Ich kam dann bald so richtig auf Touren. Aurora fragte schon, warum ihr Papa denn immer diese Wörter benutzen würde, die kleine Kinder nicht sagen dürfen. Sicherheitshalber habe ich erst einmal die andere Maschine angeschmissen - die Lichtmaschine lud dann auch mit über 50 Ampere - und erst danach die Stbd-Maschine. Hatte ich schon erwähnt, daß auch meine Toilette nicht mehr richtig will? Ich nehme an, die Entenmuscheln haben den Zufluß verstopft...
Jetzt sitze ich hier auf meiner Nachtwache, höre AC/DC, Black Sabbath, 999, "Search & Destroy" von Iggy Pop und ähnliche Sachen. Was wohl morgen so alles passieren wird?
Trotz alledem: Ich bin nach wie vor um Ecken besser drauf als in den letzten Jahren in Taipei. Im Prinzip fühle ich mich sogar pudelwohl. Muß wirklich total plemplem sein...
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Habe ich überhaupt schon erzählt, daß hier nachts ganz gewaltige Riesenviecher herumschwimmen? Durch die Phosphoreszenz kann man immer sehr gut sehen, wenn sich etwas durch das Wasser bewegt. So lassen auch wir immer zwei leuchtende Streifen zurück. Sieht wirklich aus, als ob wir auf Kufen dahingleiten. Die großen Leuchtviecher - wenn es nicht so beknackt nach Übertreibung klänge, würde ich sagen fast so lang wie unser Boot breit ist - zischen allerdings mit einer unglaublichen Geschwindigkeit dahin. Vielleicht sind es Wale, die es in dieser Gegend recht häufig geben soll. Ich habe allerdings nur ein einziges Mal etwas atmen gehört & gesehen haben wir auch noch keinen. Oder es sind wahrhaftig gewaltige Haie. Scott & Mike von der AVVENTURA berichteten, daß sie wirklich große Haie in ihrem Kielwasser erkennen konnten. Mike hat früher auf Fischtrawlern gearbeitet & berichtete von ganz zerfransten Fischen, die von Mako-Haien oder Robben abgefressen worden waren. Und eben auch von anderen, die wie mit einer Rasierklinge abgeschnitten schienen - das Machwerk der großen weißen Haie.
Haie machen uns eigentlich so gut wie keine Sorgen, aber sobald ich einen Wal oder Orca zu Gesicht bekomme, werde ich sicherheitshalber den Motor anschmeißen in der Hoffnung die Viecher mit diesem Lärm zu vertreiben. Die Geschichte mit Herberts Schwertfisch möchte ich eigentlich auch nicht so gerne am eigenen Boot erfahren.
Fr., 23.3.2007
05°25.2550' S, 109°07.4695' W
Zur Zeit geht es mit teilweise über acht Knoten unserem Ziel entgegen. Seit heute Mittag haben wir schon fast 60 Meilen hinter uns. Bei dieser Geschwindigkeit wären wir schon in 10 Tagen in Hiva Oa!
Heute morgen ging es weiter in Sachen Wasser, wobei ich dieses Mal nicht nur das Wohnzimmer, sondern auch die Küche zerlegt habe. Dort fand ich dann auch einen abgeknickten Schlauch, der die Ursache war. Als alles wieder gerichtet war, haben wir schnell etwas gefuttert & ich habe mich erst einmal aufs Ohr gehauen. Liping hat sich auch eine Stunde hingelegt, mußte aber dann weiter in ihrem Buch von Isaac Asimov lesen. Inzwischen liest sie Bücher auf Englisch fast genauso schnell wie ich, wenn es auch noch weit hinter den Chinesischen hinterherhinkt.
Meine nächsten Projekte sind die recht niedrige Spannung der Hausbank & die Startschwierigkeiten der Stbd-Maschine. Damit werde ich allerdings warten, bis es wieder hell ist.
Sa., 24.3.2007
3/25/2007 16:00 UTC 267°(T) 8.95 Kn 05°57.4202' S 111°52.8853' W
Wie erwartet waren die elektrischen Verbindungen korrodiert. Sowohl bei dem Vorglüh-Relais, als auch bei der Wasserpumpe. Nun müßte erst einmal wieder alles in Ordnung sein. Ich könnte auch gut mal wieder ein paar Tage ohne dergleichen gebrauchen. Ansonsten hatten wir in den Spitzen bis zu 8 Windstärken, so daß ich schon ernsthaft ans Reffen dachte.
Heute nachmittag hatte ich die Logge ausgebaut, wobei mir ein wurstfingerdicker Wasserstrahl ins Gesicht schoß. Das Teil scheint einwandfrei zu funktionieren, aber nach dem Einbau zeigt es trotzdem nur einen kleinen Bruchteil der wirklichen Geschwindigkeit an. Obwohl ich die Einstellungen am Bordcomputer dahingehend geändert habe.
Inzwischen ist unser durchschnittliches Etmal von 75 auf über 110 Seemeilen angestiegen, was wir vor allem dem fast schon stürmischen Passat in den letzten paar Tagen zu verdanken haben. MaxSea10 meint, daß wir schon in 8 Tagen in Hiva Oa sein müßten. Ich rechne allerdings eher mit 2 Wochen. Auch wenn unser letztes Etmal 159,1 Seemeilen war, was wiederum eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,63 Knoten bedeutet. Nicht schlecht, aber auch nichts besonderes.
So., 25.3.2007
3/25/2007 19:00:00 UTC 253 ° 7.45 Kn Noon Position 06°11.9162' S 113°36.8413' W
Jetzt ist es schon viele Stunden später (04:00 UTC) & ich habe die Borduhren auf UTC-8 umgestellt. Es geht also doch voran; das Etmal von gestern lag sogar bei 169,3 Seemeilen. Meine beiden Mädels liegen in der Heia, draußen ist es bis auf das Licht vom Mond recht dunkel & gerade eben fuhr ein Schiff vorbei. Es hat gleich auf meine Lichtsignale geantwortet & auf UKW erzählte mir der Funker, daß sie vor etwa zwei Stunden ein anderes Schiff gesichtet hätten.
Mit Strom sieht es bei uns nicht so toll aus, da der scheinbare Wind von hinten für den Windgenerator nicht so der Hit ist. Außerdem ist nachmittags die Solaranlage durch das Großsegel abgedeckt. Da Positionslichter, Funke & Computer viel Saft verbrauchen (ganz zu schweigen von Kühlschrank & Autopilot), wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben als nachher die Maschine anzuschmeißen. Morgens um 6:00 Uhr ist dann die Stbd-Maschine dran, denn uns soll ja nicht das Tiefgefrorene schlecht werden.
Heute beschäftigt mich die Frage, ob der Osterhase sich damit begnügen kann nach Hiva Oa zu kommen oder ob er tatsächlich mitten aufs weite Meer muß, um dort auf DHARMA BUM III seine Ostereier für Aurora Ulani zu legen. A propos Eier: Die von den Galapagos schmecken nach Fisch.
Mo., 26.3.2007
3/27/2007 4:00 UTC 269°(T) 6.27 Kn 06°51.1456' S 117°13.5430' W
Passatstörung. Fing schon gestern an. Der rosa Schönwetterdunst am Horizont wurde immer dicker, die Wolken immer mehr & der Wind immer ungestümer. Großer Hof um die Sonne, jetzt großer Hof um den Mond. Eine Welle stieg über die Luke in Liping & Auroras Bett ein, so daß die beiden nicht glücklich waren, obwohl sie eine Stunde länger als sonst schlafen konnten. Bei mir sind die Luken meist sowieso dicht, da ich auf derartige Geschichten nicht so erpicht bin. Da dünste ich lieber so vor mich hin. Dumm war nur, daß die Nacht so holperig wurde, daß an Schlaf kaum zu denken war. Außerdem platzte die neu genähte Naht an der Fock. Garn war durchgescheuert.
Das Etmal lag bei 162 Seemeilen, so daß der Durchschnitt auf über 118 Sm/Tag gestiegen ist. Immer noch extrem lahm, vor allem für einen Kat, aber das macht ja nichts.
Wir haben die Fock runtergeholt, damit wir sie im Cockpit nähen können & die Mylar-Ersatzfock gesetzt. Will heißen, die Balance von Groß/Fock ist noch schlechter als vorher, so daß der Autopilot noch stärker arbeiten muß. Mit dem haben wir auch so unseren Spaß, denn wir haben einen älteren Computer, aber eine neuere Kontrolleinheit. Und nur für diese beschränkte Infos, nicht aber den dringend benötigten SmartPilot Commissioning Guide. Eigentlich nicht so schlimm, denn mit Computern kann ich ja ganz gut, nur müßte dazu das Boot ruhig irgendwo vor Anker liegen. Oder in den Doldrums treiben. (Ich hör' schon auf mit den Doldrums... ;-)
Die letzten Tage habe ich keine Zeit und Energie, mir über irgendwelche Sachen Gedanken zu machen. Das Boot beansprucht mich vollkommen & Liping auch. Uns fiel ein altes Fax von 1995 in die Hände in dem es hieß: "...die faulen Tage am Strand..." Schön wär's ja.
Aurora ruft immer aus: "Potz Pestilenz!" Hat sie wohl von einer gewissen Räubertochter namens Ronja gelernt. Sie sehnt sich sehr nach mehr Bilderbüchern, womit wir ihr allerdings leider nicht dienen können. Gestern wollte ich ihr einen lebenden Fliegenden Fisch in einem Eimer zeigen, was allerdings nicht klappte, da der Fisch aus dem Eimer in die Spüle gesprungen ist, wo natürlich kein Wasser war. Schade! Und jeden Tag sammeln wir etliche Tintenfische an Deck ein, welche Liping zur Zeit einsammelt, um sie zu Chipirones zu verarbeiten. Gerade eben surften wir laut GPS mit 12,99 Knoten durch die Gegend! Normalerweise geht es allerdings mit so sechs bis sieben Knoten zu Gange.
Di., 27.3.2007
3/27/2007 8:00 UTC COG 263° 6.34 Kn 06°59.2249' S 118°57.1310' W
Seit gestern kachelt es hier in den Spitzen mit 8-9 Windstärken (max 43,8 Knoten), so daß wir inzwischen zwei Reffs im Groß & auch die kleine Fock teilweise aufgerollt haben. Dabei steht in den Pilot Charts (Statistische Monatskarten), folgendes: "North of 40°S, winds of force 8 or greater are infrequently observed over the western half and rarely observed over the eastern half of the South Pacific." (Ha! Ha!) Wir sind jetzt seit 15 Tagen unterwegs und haben schon 1820 Sm (60%) gesegelt und noch 1201 Sm (40%) vor uns. An Segel nähen ist bei diesem Gewackel natürlich nicht zu denken.
3/28/2007 5:39 UTC 272° 7.41 Kn 07°06.8886' S 120°01.4198' W
Auch jetzt will das Wetter nicht besser werden. Vorhin surften wir schon wieder mit fast 11 Knoten, obwohl wir nach wir vor zwei Reffs im Groß & nur die kleine Fock gesetzt haben. Ein positiver Seiteneffekt ist die Tatsache, daß der Windgenerator wieder in der Lage ist vernünftig Strom zu spenden, zumal ja die Sonne den ganzen Tag hinter den Wolken verschwunden war & die Solaranlage so zu nicht viel nütze war.
Ich finde es ausgesprochen erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit DHARMA BUM III schweres Wetter nimmt. Sicher, auch hier muß ich reffen, auf kleinere Segel umsteigen & diese teilweise aufs Rollreff wickeln. Und wenn es ganz hart kommt, dann versuche ich den Kurs dahingehend zu ändern, daß der Wind möglichst von hinten einfällt, ohne daß die Segel einfallen oder wir über Stag gehen. So habe ich eben auch wieder 10° zum Kurs hinzugefügt, da hier drinnen alles durcheinander kegelte. Aber ansonsten ist es wirklich kein Vergleich zu meinen beiden früheren Booten.
Auch glaube ich, daß gerade dieser Fortschritt, zusammen mit GPS, der erweiterten Infrastruktur usw. usf. dafür verantwortlich ist, daß jetzt so viele Opas & Omas auf Weltumseglung gehen. Sie stellen mit Abstand den größten Teil der Segler dar & eines der Hauptgesprächsthemen sind oft die Enkelkinder. Schon komisch: Nach wie vor bin ich einer der jüngeren Fahrtensegler.
Und trotzdem: Abenteuerlich genug ist die Ozeansegelei immer noch. Wenn es richtig bläst, dann fallen alle anderen Gesichtspunkte vollkommen unter den Tisch & man ist ganz automatisch in dem Bereich, vom dem Gurus a la Bhagwan ("Ganz entspannt im Hier & Jetzt" <HiHi>) immer wieder reden. Das ist kein Traum oder Hirngespinst mehr, sonder ganz klar die knallharte Realität. Und wenn man mit dieser Realität halbwegs klar kommt, so ergibt das eben ein gutes Gefühl.
Anders sieht es natürlich aus, wenn man gerade so richtig Streß hat. ;-))))
Mi., 28.3.2007
3/28/2007 8:00:01 PM 267 ° 6.99 Kn 07°12.8140 S 121°32.7897 W
Meine Wache ist schon bald vorüber & wir haben immer noch schlechtes Wetter. Es bläst mit 7-8 Windstärken, auch mal mit 9 & die höchste Windgeschwindigkeit war bis jetzt 52,5 Knoten - aber zum Glück nicht durchgehend. Langsam fängt es trotzdem an zu nerven, denn alles ist naß & salzig. Die Luken müssen so gut wie durchweg geschlossen bleiben & so sitzen wir also meist in unserem klebrigen Mief. Schlafmangel wird zu einem echten Thema, vor allem für Liping, da Aurora sie nicht schlafen lassen will. Bei mir selber sieht es auch nicht viel besser aus, denn ich muß mich um das Boot kümmern, Segelmanöver machen usw. usf. Aber irgendwann ist bestimmt auch dieser Spuk vorüber, wenn er auch jetzt schon vier volle Tage gedauert hat.
Do., 29.3.2007
3/29/2007 8:00 UTC 254° 6.93 Kn Noon Position 07°53.9703' S 123°49.8544' W
Heute haben wir wieder die normale Besegelung gesetzt, wenn auch vielleicht ein wenig zu früh. War mal wieder ein wenig zu optimistisch. So können wir uns also nun um die Mylar-Fock kümmern, deren eine Seite ein wenig ausgefranst ist. Seit gestern hatten wir auch ernsthaften Streß mit der Tiefkühltruhe, denn Liping meldete, daß es dort anfing zu tauen. Ich habe also gestern versucht bei acht Windstärken den Keilriemen auszuwechseln, wobei ich feststellen mußte, daß sie mir in Trinidad einen falschen gegeben haben, obwohl ich ja den alten extra mitgenommen hatte. Er war ein bißchen zu klein & war beim besten Willen nicht aufzuziehen. Ich überlegte schon, den ganzen Kompressor auszubauen, um es vielleicht doch noch irgendwie zu schaffen. Da fiel mir ein, daß ich noch einen älteren hatte, der noch gut genug sein müßte & habe erstmal den aufgezogen.
Leider war das ein Satz mit X, denn heute morgen sah es im Freezer noch schlimmer aus als gestern. Liping hat ein Huhn verarbeitet & Fleischstücke in das Eisfach vom 12V-Kühlschrank verlagert, während ich wieder in die Tiefen das Maschinenraums abgetaucht bin. Dort bemerkte ich, daß am Kompressor noch eine weitere & leicht angerostete "Riefe" für einen Keilriemen war. Das Ding schien einen geringfügig größeren Durchmesser zu haben, so daß der alte Keilriemen vielleicht dort noch ein wenig bringen würde. Ich hatte zwar auch dort leichte Schwierigkeiten, diesen aufzuziehen, aber irgendwann hat es dann doch geklappt & war anscheinend auch erfolgreich. Auf jeden Fall ist der Kältespeicher jetzt wieder voller "Rauhreif". Bin ja mal gespannt ob sie in Hiva Oa solche Keilriemen haben, denn sonst muß ich mir schnell etwas einfallen lassen.
Das Wetter ist immer noch nicht so der Hit, scheint sich aber langsam auf dem Wege der Besserung zu befinden. Wir hatten sogar überlegt, wieder im Cockpit zu essen, sind dann aber doch drinnen geblieben. Das war auch gut so, denn sonst wären wir waschelnaß geworden, als eine besonders große Welle gegen die Bordwand klatschte.
Inzwischen haben wir nur noch 850 Seemeilen bis Hiva Oa, was bei unserer derzeitigen Geschwindigkeit in fünf Tagen zu schaffen wäre. Im Prinzip hoffen wir allerdings auf ein paar Tage ruhiges Wetter, damit wir uns mal ein bißchen erholen können.
Sa., 31.3.2007
3/31/2007 8:00 UTC 243 ° 5.60 Kn Noon Position 09°24.1619' S 128°34.5626' W
Mit dem ruhigen Wetter wurde es auch vorletzte & letzte Nacht nichts. Also haben wir immer noch zwei Reffs im Groß & eine teilweise aufgerollte Fock. Auch mit der Reparatur der Mylar-Fock wurde es nichts, da wir Streß mit der Tiefkühltruhe als auch dem Kühlschrank hatten. Da der Wind nun direkt aus Osten kommt & außerdem schwächer zu werden scheint, werde ich gleich mal halsen und anschließend volles Zeug setzen.
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Daraus wurde nichts, denn ich habe heute das Bett gehütet. Entweder ist mir das Essen nicht bekommen, oder ich habe mir irgend etwas eingefangen, denn außer Magen- hatte ich auch Kopf- & Muskelschmerzen, sowie mal wieder Flotten Otto.
Statt Windstärken 7-8 haben wir jetzt nur noch 3-4 Beaufort. Da die Reparatur der Mylar-Fock noch ein paar Tage dauern wird, blieb uns nichts anderes übrig als jetzt Richtung NW zu segeln, und zwar mit einer Geschwindigkeit von nur etwa 4 Knoten. Gerade eben mußte ich zu meinem Erstaunen feststellen, daß sich die Weltzeit in meinem Navigationsprogramm von selbst um eine Stunde verschoben hat. Hängt wohl damit zusammen, daß in dieser Zeitzone heute die Sommerzeit beginnt. Habe es per Hand wieder umgeschaltet. Bei so wenig Wind macht der Windgenerator keinen Strom, so daß ich den Computer lieber wieder abschalten muß.
So., 1.4.2007
4/1/2007 9:00 UTC 305° 4.21 Kn Noon Position 08°41.6973' S 130°05.9637' W
Heute morgen habe ich die Borduhren auf UTC-9 umgestellt. Danach ging die Sonne heute um 5:43 Uhr auf, Mittag ist um 11:44 & Sonnenuntergang findet um 17:44 Uhr statt. Gerade eben hat sich Liping total erschreckt, denn ein Krebs kam aus dem Abfluß des Waschbeckens hochgekrabbelt. Erstaunlich, daß sich die Viecher an der Bordwand festhalten können, selbst wenn das Boot öfters mit über 10 Knoten surft! Inzwischen haben wir wieder leichte Passatwinde von etwa Stärke 2 bis 4, aber die See hat sich immer noch nicht so recht beruhigt.
Gestern habe ich das Buch über die 1998 Sydney-Hobart Regatta zu Ende gelesen. Noch übler als die 1979 Fastnet Regatta. Ganz schön heftig. Normalerweise können die Böen bis zu 20% stärker sein als die mittlere Windstärke, doch dort sah es so aus, als ob sie bis zu 40% höher waren. Bei 50 Knoten Wind kann eine Bö in den Spitzen so also 70 Knoten erreichen! Ganz schön schön schon, oder nicht? Ich hatte eher so mit maximal 60 Knoten gerechnet. Im Boater's Weather Guide stehen zum Thema Schwerwetter weniger Sachen als in dem Bericht über die Regatten. Ich suche nämlich gerade vergeblich nach der Kraft des Windes, die sich mit zweifacher Windgeschwindigkeit nicht verdoppelt, sondern statt dessen im Quadrat wächst. Ich müßte mir sowieso noch ein paar mehr technische Bücher anschaffen, so z.B. die Seemanschaft, den Bowditch, vor allem den Nigel Calder, sowie Bücher über Segeltrimm und vieles andere mehr.
Gerade eben mußte ich allerdings erst einmal etwas ganz anderes erforschen, denn ich fragte mich schon lange, was denn nun "Tensoren" sind. Erst fand ich selbst im Lexikon nichts, doch dann stieß ich auf Georg Friedrich Bernhard Riemann (1826-66), seines Zeichens Mathematikprofessor an der Uni in Göttingen. Ohne die von ihm entwickelte Riemann-Geometrie wäre es Albert Einstein schwer gefallen, seine Theorie der speziellen Relativität & der Gravität zu entwickeln. (Gravität scheint die dominierende Kraft im Universum zu sein, denn letztendlich wird das Ende des Weltalls von der Gravität bestimmt.) Den Rest von diesem Kram kann allerdings nur Liping verstehen, denn Mathe war ja eines ihrer besten Fächer und als ich sie kennenlernte, verdiente sie sich ihren Wasserreis mit Mathe-Nachhilfe für die Oberstufe.
Eine Sache, die wir äußerst mysteriös finden, ist die Tatsache, daß DHARMA BUM III wesentlich besser auf dem Port Tack (Backbordbug?) segelt als wenn der Wind von Steuerbord kommt. Erst dachten wir, daß wir uns das nur einbilden würden oder die Instrumente verrückt spielen würden. Der GPS zeigt es allerdings ganz deutlich. Der scheinbare Wind fällt deutlich höher aus, kommt aus einer günstigeren Richtung und auch die Etmale sind um Ecken besser. Zur Zeit haben wir nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, woran das wohl liegen könnte.
So langsam dürfte unsere komplette Segelgarderobe mal wieder zum Segelmacher. Das Leech der kleinen Mylar-Fock ist hin, das Loch in der normalen Fock muß einmal profimäßig repariert werden & das Groß hat Scheuerstellen an den Lattentaschen, wo diese auf den Lazy Jacks aufliegen. Auch sonst gibt es durchgescheuerte Nähte und andere Blessuren. Linda von DREAM MAKER hatte uns zwar geraten eine Segel-Nähmaschine zu kaufen, aber bei US$ 5000 für so ein Teil geben wir unsere Segel lieber ab und zu bei einem Segelmacher ab. Irgendwann ist sowieso ein neuer Satz dran, denn weitere zwei Jahre oder so halten die Segel bestimmt nicht.
So, jetzt muß ich wieder Strom sparen & draußen nach dem Rechten gucken.
Mo., 2.4.2007
4/2/2007 9:00 UTC 253° 4.93 Kn Noon Position 09°49.7076' S 131°57.1988' W
Im Westen ging gerade Venus unter, wir haben fertig zu Abend gegessen, haben kurz gehalst ("You can't back the jib, when you are doing a gybe!!!") & jetzt liegen meine beiden Schönen im Bett. Will heißen, daß ich für die nächsten sechs Stunden meine Ruhe habe, denn ich mache seit Tortola immer die 1. Nachtwache. Anfangs ging diese bis um 1:00, dann bis um 2:00 & gestern bis um 3:00 Uhr. Heute hat Liping allerdings den Wecker auf 2:00 Uhr gestellt, um weiteren Exzessen meinerseits einen Riegel vorzuschieben.
Die Nachtwachen sind zur Zeit das Beste. Alles schön ruhig, DHARMA BUM III zuckelt bei 3-4 Windstärken mit 5,94 Knoten (sagt der GPS - die Logge spinnt total) & Kurs 303° gemütlich vor sich hin - so stellt man sich Passatsegeln vor. Tatsächlich gibt es aber oft um die 7 Beaufort, wobei die Fahrt schon recht holperig wird. Und so furchtbar viel schneller geht es dann auch nicht zu Gange, da man unter Berücksichtigung auf eventuelle Squalls dann ein oder auch zwei Reffs im Groß fährt.
Nach wie vor begreife ich nicht, warum die Windinstrumente so asymmetrisch anzeigen, zumal Mike auf den Galapagos ja extra deswegen oben im Mast war. Sehr merkwürdig. Auch der Freezer fängt an wirklich Streß zu machen, was wohl daran liegt, daß er immer leerer wird. Werde mir also in der Beziehung etwas einfallen lassen müssen. Zur Zeit muß die Maschine nämlich alle acht Stunden eine Stunde laufen, was ich denn doch etwas übertrieben finde.
Ohne Passatbesegelung segeln wir nun also im Zick-Zack auf Hiva Oa zu, was eigentlich blöd ist, da es erstens länger dauert, zweitens mehr Arbeit macht und drittens auch noch ungemütlicher ist. Ich will mir allerdings das Mylar-Segel nicht komplett verhunzen. Eine Nadel brach heute beim Segel nähen ab, vernünftiges Garn haben wir gar keines mehr & auch das Segeltuch richtiger Stärke geht zur Neige.
Di., 3.4.2007
4/3/2007 9:00 UTC 330° 6.06 Kn Noon Position 09°11.4388' S 133°26.7729' W
Unser Etmal lag heute peinlicherweise unter 100 Seemeilen. Lag natürlich an dem großen Zick und dem Zack, welches wir in den letzten 24 Stunden gefahren sind. Dabei war gar nicht einmal so wenig Wind.
Mit der Ankunft in Polynesien müssen wir auch langsam ein paar Grundsatzentscheidungen fällen. Nämlich: Ist uns a) die Weltumsegelung an sich wichtiger oder wollen wir b) möglichst viele Inseln im Pazifik oder sonstwo besuchen? Wir könnten schon vor dem Anfang der nächsten Zyklonsaison voll durchstarten & dann in etwa einem Jahr wieder in Bequia sein. Das würde bedeuten, daß wir nur relativ wenige Inseln besuchen würden, dort immer nur ein paar Wochen bleiben würden und ansonsten den kürzesten Weg nach Südafrika nehmen würden.
Ansonsten müssen wir uns überlegen, wo wir die Zeit der Wirbelstürme verbringen wollen. Entweder im Nordpazifik, so wie Herbert es gerade gemacht hat, oder aber in Australien, Neuseeland oder gar Asien. So würden wir hoffentlich genug Zeit für alle möglichen Inseln überall haben, aber es würde eben auch bedeuten, daß wir mindestens (!) ein weiteres Jahr unterwegs wären. Wie wir von anderen Yachtie-Freunden wissen, erhöht das die Chance ganz beträchtlich, daß die Weltumsegelung ad acta gelegt wird. Reparaturen, Reisekasse, Frust, Streß, unerwartete Probleme - es gibt eine unendlich lange Reihe von Gründen, warum Leute ihre Weltumseglung schließlich aufgeben.
Im Prinzip sind wir uns einig, daß b) die vernünftigste Lösung ist, zumal wir wohl nie wieder diese Chance haben werden. Nur würden wir uns bestimmt schwarz ärgern, wenn wir die Weltumseglung dann wirklich nicht beenden würden. Aus diesem Grunde neige ich zur Zeit dazu, es mit a) zu versuchen. Entscheiden müssen wir uns allerdings schnell, da einem sonst die Zyklonsaison die Entscheidung abnimmt.
Weiterhin müssen wir uns dringendst überlegen, wo denn nun die geplante Generalüberholung stattfinden soll. So, wie das Boot jetzt aussieht, kann man es nur mit sehr hohem Verlust verkaufen & so wird uns gar nichts anderes übrig bleiben, als irgendwo richtig lange an Land zu stehen, um DHARMA BUM III wieder so schick zu machen, wie es sich für eine Luxusente eben gehört. Australien, Neuseeland oder Europa fallen aus Preisgründen völlig aus. Dann lieber gleich den horrenden Verlust hinnehmen, denn so hat man wenigstens all den Ärger nicht.
Oder aber man c) fährt durch nach Südafrika, d) macht einen Abstecher zu den Philippinen, e) versucht es in Tarawa oder so a la Herbert oder aber f) - Horror!!! - fährt doch wieder nach Chaguaramas in Trinidad, um alles, aber auch wirklich alles, von eigener Hand selbst zu machen. Eine Variation des letzten Szenarios wäre vielleicht noch Grenada oder eine andere Insel in der Karibik.
Die allerbeste Planung nützt uns allerdings überhaupt nichts, wenn auf einmal ein Motor nicht mehr will, das Rigg von oben kommt oder ähnlich schwerwiegende Scherze passieren.
Wie es nach Bequia weitergehen soll, ist uns natürlich auch nicht klar. Über die Azoren nach Europa, um dort irgendwann (2009) Goldene Hochzeit mit meinen Eltern zu feiern? Dann müßte ich das Boot allerdings erst an Liping verkaufen & in einem anderen Land registrieren. Absolut Null Bock die absurd hohe Mehrwertsteuer in Euroland zu bezahlen. Mit dem wirklich tollen Programm Virtual Passage Planner 2 (inklusive Pilot Charts/Statistische Monatskarten) habe ich den weiteren Verlauf unserer Weltumseglung geplant. Hier sind ein paar ungefähre Zahlen, um ein wenig den Eindruck der Größenordnungen zu vermitteln.
Mi., 4.4.2007
4/4/2007 9:00 UTC 240° 6.03 Kn Noon Position 09°46.8291' S 135°26.9713' W
Es sieht fast so aus, als ob wir am Karfreitagmorgen unseren Anker über Bord schmeißen können. Das paßt auch haargenau ins Konzept, denn auf dieser Reise scheinen wir ja durchweg an Gedenk- oder Feiertagen einzuklarieren.
Lief die Maschine anfangs alle 18 und dann alle 12 Stunden, so muß sie jetzt alle acht Stunden laufen, damit das Fleisch nicht schlecht wird. So sitze ich also hier morgens um 9:00 Uhr, während meine beiden Mädels in der Heia liegen, denn sie hatten ja ab 2:00 Uhr Nachtwache.
Heute Nachmittag haben wir drei Kanister Diesel, also fast 60 Liter, nachgefüllt. Der Steuerbord-Tank ist nun wieder voll. Hat also bis jetzt etwas über 15 Taler gekostet, die Tiefkühltruhe 23 Tage lang kalt zu halten. Für andere Sachen benutzen wir ja die Motoren nicht.
Wenn wir es wirklich eilig hätten, dann könnte DHARMA BUM III den Rest des Pazifiks von hier in nur 45 Tagen durchsegeln & durch die Torresstraße fahren. Haben wir zwar nicht vor, aber faszinierend finde ich das schon. Man hält irgendwo an, kratzt die Entenmuscheln ab, kauft ein, bunkert Diesel & Wasser und ab die Post. So wie der alte Tom Blackwell, der auf seiner letzten Reise Tahiti verließ & nonstop bis Durban in Südafrika durchgesegelt ist. Leider ist er dort an Krebs gestorben.
Ich habe überhaupt schon wieder Bekannte in einem Buch gefunden. Letztes Mal war es unser alter Kumpel Roy von der SEA LOONE in dem Buch "Untergehen werden wir nicht" von Bettina Haskamp. Dieses Mal ist es die WASA (Aurora Ulani wiederholte immer wieder "Wasa - Spinnegebahr" als die WASA die Spinnaker-Bar im TTSA per Funk rief :-), die wir in der Scotland Bay kennengelernt hatten. Nette Weltumsegler älteren Jahrgangs & Freunde von Karl & Libu auf der ROSINANTE. (Die beiden sind nach wir vor unsere wirklichen Vorbilder.) Sie tauchen im Buch "Fahr weiter bis zum Horizont" von Susanne Zeller auf als sie 1985 in den Tuamotus vor dem Atoll Ahe segeln. Finde ich immer wieder lustig, so was.
Dharma Bum I 4558 Seemeilen
Dharma Bum II 5709 Seemeilen
Dharma Bum III 6337 Seemeilen 27.03%
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Bis jetzt gesegelt ca. 16604 Seemeilen 70.83%
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Geplante Weltumseglung 23440 Seemeilen
Es liegt also noch ein bißchen was vor uns. :-))) Wenn wir *nicht* nach Asien oder so segeln, um dort unser Boot komplett zu überholen, dann geht es wahrscheinlich durch die Torresstraße und über Christmas Island und Cocos Keeling nach Mauritius & Reunion. Weiter dann nach Südafrika, St. Helena & über Brasilien zurück nach Bequia.
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PS: In Tahiti now. :-)