Trinidad & Tobago Sailing Association Fr., 2.6.'06
Der richtige Streß fing am Dritten Tag (Dienstag abend) hier im TTSA an. Der Anker hielt zwar prächtig, aber ich hatte die Rechung ohne die Trinis und ihre Wochenendkapitäne gemacht. Ich war gerade mit Nigel aus Guernsey am Schnacken, als auf einmal John von der MOONSTRUCK ankam, um zu berichten, daß die Freedom 44 Ketsch LA BALEINE unser Boot schwer gerammt hätte. Tom, ein alter Navy-Kapitän und Weltumsegler auf der JEAN MARIE, hatte die ganze Geschichte mit angesehen & gehört. Er meinte LA BALEINE hatte das Deck voller Partygäste gehabt und hätte mein Boot schlicht und einfach übersehen. Sie wären volle Kanne in meinen Backbordbug geknallt, wobei es sich wie ein Zugunglück angehört hätte.
Der Schaden ist dann auch beträchtlich. Ein Loch im Bug, keilförmige Delamination quer durch die Crash-Schotten (die sind fast einen halben Meter dick!!!) bis in den Innenraum des Bootes. Bbd-Bugkorb total zerstört, alle Relingsstützen bis auf eine abrasiert, abgebrochen oder aus dem Deck gerissen. Scheuerleiste eingedrückt und Gelcoat sowie Glasfaserschäden überall. Das Boot müßte aus dem Wasser, man müßte von innen das Laminat wieder neu aufbauen, dafür müßte der Himmel runter, die Möbel raus usw. usf. Eine wirklich langwierige, unangenehme und natürlich auch ausgesprochen teuere Geschichte, zumal man während der Zeit im Hotel wohnen muß und so auch garantiert nicht mehr so schnell hier weg kommt.
Den Abend habe ich dann bei der Küstenwache und der Polizei verbracht. Ich kam erst mitten in der Nacht zurück, wobei ich natürlich auch noch Muffe hatte ausgeraubt zu werden.
Mittwoch früh gingen wir Anker auf, motorten in einer Stunde rüber nach Chaguaramas, um den Mast neu gesetzt zu bekommen. Dabei gab es Komplikationen, denn das neue Vorstag war zu lang, so daß wir bis Nachmittags dort an der Pier lagen. Viele Leute, unter anderem auch Peter von First Mate, kamen vorbei, besahen sich den Schaden und mutmaßten über die Kosten. Die Meinungen gingen von ein paar Hundert Dollar bis zu über 12.000 Dollar weit auseinander.
Hier im TTSA habe ich dann 60 Meter Kette gesteckt, mit dem Rückwärtsgang den Anker viele Minuten lang eingegraben & bin dann los nach Port of Spain, um dort beim Director of Maritime Services Bericht zu erstatten, wie es mir die Küstenwache aufgetragen hatte.
Wieder hier im TTSA, habe ich meine Frauen zum Pool gebracht. Schließlich sind wir ja hier, damit Aurora Ulani endlich Schwimmen lernen kann.
Donnerstag habe ich damit angefangen Zeugen für den Unfall zu suchen, und zwar auf den Yachten ZEPHERUS, MOONSTRUCK, und JEAN MARIE. Letzter war allerdings gerade im Krankenhaus, denn er mußte an der Schulter operiert werden. Mindestens zwei von den Booten sind Weltumsegler. Liping ist mit einer von den Frauen in die Stadt gefahren, um einzukaufen, während ich mich darum gekümmert habe Kostenvoranschläge einzuholen. Das hat leider überhaupt nicht geklappt, denn nicht einer ist hier erschienen, um sich den Schaden auch nur anzusehen. Auch der Kapitän von LA BALEINE, Sebastien Paddington (Eigner des Bootes ist sein Großvater, der gerade in Miami & außerdem ein berühmter Trini ist) hatte sich nicht wieder bei mir gemeldet. Noch war einer seiner Leute bei mir erschienen.
Ich habe ihn also angerufen, wobei ich erfuhr, daß sie nicht versichert sind und sein Großvater heute hier erwartet wird. Ich bin dann erst einmal los, um für Liping ein weiteres billiges Telefon zu kaufen, damit wir jederzeit in Verbindung bleiben können, selbst wenn einer von uns in Port of Spain oder so ist. Diese Geschichte wird sich nämlich mit ziemlicher Sicherheit über viele Monate hinziehen.
Abends dann wieder im Pool, aber Aurora hat doch ziemliche Angst, muß ich sagen. Trotzdem amüsiert sie sich hier ganz mächtig, denn es gibt einen Kinderspielplatz und reichlich andere Yachtie-Kinder, so wie Daniel & Lisa aus England, Yesley aus Surinam usw. usf. Eigentlich wollten wir zeitig zurück an Bord, bevor der Wind auffrischte, aber da eröffnete uns Nigel, daß es sein Geburtstag wäre (geb. 1.6.1960) und wir zusammen im Restaurant speisen sollten. Das haben wir auch getan, aber es war ein ausgesprochen teurer Abend. Seine Frau Elaine ist 1 1/2 Jahre jünger als Liping.
Heute habe ich mit Tom von JEAN MARIE gesprochen. Als er nicht mehr als Kapitän gearbeitet hat, machte er eine Marine Consulting Firma auf & hat auf diesem Gebiet einschlägige Erfahrung. Er hat mir viele Ratschläge gegeben & wird außerdem als Zeuge dienen. Seinen ersten Ratschlag habe ich umgehend befolgt und mir den "Naval Architect" angeheuert, den er für den kompetentesten hier hält. Er wird als Sachverständiger dienen und die Reparaturarbeiten beaufsichtigen wird. Der Franzose Bastien Pouthier von Associated Marine Design - ich kannte ihn schon durch Jörn & Peter - hat mir aber sofort eröffnet, daß er keineswegs billig ist & diese Geschichte wohl aus meiner Tasche wird kommen müssen. Mindestens US$400 werde ich da löhnen müssen. So, jetzt muß ich die Jungs abholen, denn sie wollen sich den Schaden ansehen.
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Gerade eben waren die beiden Yachtgutachter hier - meiner & seiner - um sich den Schaden anzusehen. Die schlechte Nachricht, und da sind sich die beiden einig, ist daß es sich um einen strukturellen Schaden handelt und wir wohl tatsächlich aus dem Wasser müssen. Außerdem sind zur Zeit alle Yachtwerften, Experten & Arbeiter voll ausgebucht. Darüber hinaus fängt die Regenzeit an - und dann kann man hier nicht mehr laminieren. Folglich wird alles sehr sehr lange dauern. Die "gute" Nachricht ist, daß man wohl von außen arbeiten kann und Bastien rechnet mit Kosten von um die US$3.000. Dazu kommen noch die Kosten für ihn selbst. Eventuell werde ich mich sogar am Haulout (aus dem Wasser holen des Bootes) beteiligen müssen, nämlich dann wenn ich irgend eine andere Arbeit am Boot zu der Zeit machen will.
Wie man es auch dreht und wendet, diese Geschichte wird uns noch jede Menge Geld, Zeit & Nerven kosten.
Zur Zeit würde ich tatsächlich lieber irgendwo einer geregelten Arbeit nachgehen, Rosen züchten oder sonst irgend etwas weniger aufregendes und anstrengendes tun. Die Weltumsegelei macht uns seit November überhaupt keinen Spaß und selbst Weltumsegler Harold (Ami-Militärpilot in Tainan, Taiwan Ende der 60er Jahre) von der ZEPHERUS meinte, daß die Tage der Familienweltumsegler gezählt seien, da wir uns im Wettbewerb mit den Dot.Com Millionären und Segelvereinen befänden, wo viele Leute zusammen ein Boot haben, um damit in einem verlängerten Urlaub immer nur ein Teilstück mitzusegeln. Für all diese Leute ist Geld kein Problem, sie werden immer häufiger & die Yachtausrüster, Yachthäfen, und Yachtwerften orientieren sich natürlich daran. Ausnahme sind so Leute wie Nigel, seines Zeichens Schlossermeister, der sich einen Rumpf gekauft hat, ihn in nur drei Jahren von außen fertig hatte und dann samt schwangerer Frau & Sohn Daniel einfach losgesegelt ist. Genau wie Karl findet er überall Arbeit und braucht sich so gar keine finanziellen Sorgen machen.
Morton Henzell, Budget Marine Rigging & die Elektriker sind hier noch nicht erschienen und bei dem anhaltenden Regen rechne ich auch nicht mehr mit deren Erscheinen diese Woche. :-((( Morgen oder übermorgen plane ich wieder das Unterwasserschiff zu säubern, was bei dem Schwell hier bestimmt ein echtes Vergnügen wird. Selbst das Ein- & Aussteigen aus dem Dinghy ist hier mehr als trickreich.