Liebe Freunde, 1.September 2011
Nach Asien, Chagos und Mauritius sind wir nun in Madagaskar gelandet. Eigentlich hatte ich hier meinen 50. feiern wollen, aber nun waren wir ein Jahr und drei Monate zu spät angekommen. Chagos war natürlich einzigartig & ich hätte gut und gerne noch etwas länger dort bleiben können. Leider hatten wir nur eine Ankergenehmigung für einen Monat & langsam fing auch das Essen an etwas eintönig zu werden. Morgens, mittags und abends Fisch ist nicht so mein Fall, zumal ich eh kein Fischesser bin. Der Yellowfin Tuna, den wir kurz nach unserer Abfahrt gefangen hatten, schmeckte allerdings vorzüglich, vor allem roh mit Wasabi und Sojasoße.
Auch die Segelei war überaus angenehm. Einige andere Leute meinten zwar 25 Knoten wären zu viel des Guten, aber unser Kahn kam dabei gerade erst richtig in Schwung und so dauerte es nur um eine Woche bis wir in Mauritius einklarieren konnten. Das war gar nicht so einfach, da mein eines Getriebe streikte und ich den Gang nicht raus bekam.
Die drei Monate in der Grand Baie waren ruhig & gemächlich. Liping beklagte sich schon, daß sie nichts mehr für ihr Blog zu schreiben hätte, da gar keine Katastrophen mehr passierten. Wir verbrachten ausnahmsweise einmal mehr Zeit mit anderen Yachties, die wir teilweise schon seit Fidschi (IEMANJA), Panama (TANOA) oder sogar Trinidad (DO IT) kannten. Wir lernten auch viele neue kennen & freundeten uns an. Besonders gut verstanden wir uns mit OBERON aus Neukaledonien, die wir in Chagos nur ganz kurz getroffen hatten. OBERON war ebenfalls vor etwa 20 Jahren in Kourou gewesen, aber da er in Cayenne und ich in Kourou war, hatten wir uns damals nicht getroffen.
Natürlich lernten wir wieder Chinesen & Einheimische kennen, aber eines Tages kam auch der deutsche Ehrenkonsul mit seiner Familie zu uns an Bord. Außerdem besuchte uns mein alter Freund Nick aus Taiwan, der uns schon in Langkawi und Phuket besucht hatte. Bis jetzt war er auf der ganzen Reise der einzige Besucher, der aus einem anderen Land angeflogen kam. Während es bei unserer Ankunft noch schön warm gewesen war, so merkte man später doch deutlich, daß der Winter begonnen hatte. Die Abendessen wurden von der Plicht nach drinnen verlegt, die Fahrten mit dem neu erstandenen Strandkajak fielen ganz aus.
Wir bekamen auch ein neues Crewmitglied, und zwar Hamsti, den Goldhamster. Aurora ist absolut vernarrt in ihn. Er lebt in einer großen Plastikkiste, rennt in seinem hellblauen Laufrad herum & frißt wahre Unmengen von Karotten, Gurken, Frühlingszwiebeln, Weintrauben, Äpfeln, Haferflocken, usw. usf. Wasser will er keines trinken. Dafür hat er eine Luxusvilla aus Sperrholz, die Michael von der TANOA für ihn gezimmert hat. Michael hat uns überhaupt viel geholfen, war oben im Mast, hat gelötet, eine neue Lampe angebracht und vieles weiter mehr. Wir versuchten uns zu revanchieren, indem wir ihn öfters zum Essen, zu Bier und zu Grog eingeladen haben. Trotzdem stehen wir tief in seiner Schuld. Vielen, vielen Dank, Michael!
Das Ausklarieren war ob des defekten Getriebes wieder ein Akt, aber glücklicherweise bekam Liping trotzdem nichts für ihr Blog zu schreiben. Dabei fällt mir ein, daß ich ganz vergessen habe zu erzählen, daß mein Roman "Double Trouble at Sea" inzwischen als Kindle-Version bei Amazon zu haben ist. Für die Druckversion lese ich gerade Korrektur. Es ist kaum zu glauben, wie viele Fehler sich trotz der vielen Mühe dort eingeschlichen haben. Liping hat noch etliche weitere gefunden, so daß ich schon ganz niedergeschlagen wurde und sie mich trösten mußte. Sie meinte nämlich, es wären alles nur Kleinigkeiten & sie fände, daß ich ganz ausgezeichnet schreiben würde. Dieses Lob freut mich besonders von ihr, da Liping ja selbst in der Zeit wo sie noch voll gearbeitet hat, so ganz nebenbei bis zu 25 Romane pro Woche durchgelesen hat. Außerdem weiß ich, daß sie auch meint, was sie sagt.
Ich werde versuchen das Teil noch vor Weihnachten fertig zu kriegen. Leider ist der Preis mit fast US$ 20 pro Roman recht gesalzen. Alleine die Produktion ist doch recht teuer.
Der Törn nach Ile Sainte Marie an der Nordostküste Madagaskars ließ sich ganz gut an. Die ersten drei Tage hatten wir angenehme Winde von hinten, so daß wir nur unter der Rollgenua gemütlich dahinzuckelten. Der Schwell war allerdings beträchtlich, so daß beide Mädels wieder einmal seekrank wurden. Da hatten sie zum Teil aber selber Schuld, denn in ihrer Dickköpfigkeit haben sie sich geweigert, ihr Mittel gegen Seekrankheit zu schlucken. Wie heißt es noch? Wer nicht hören will, muß fühlen!
Am 4. Tag wurde das Wetter zum richtigen Schietwetter. Da hatten wir allerdings erst die Hälfte der Strecke hinter uns. So blieb es leider, bis dann der Wind vollkommen ausblieb. Kein Wind, keine Sonne - also auch kein Strom. So mußten wir den vermaledeiten Diesel doch anschmeißen, um Strom zu erzeugen. Und heißes Wasser zum Duschen, denn so richtig warm wollte es immer noch nicht werden. Außerdem sah es verflixt danach aus, als ob wir am Wochenende einklarieren müßten, was oft teure Überstundengebühren nach sich zieht.
Bei der Einfahrt nach Ambodifototra bemerkte ich eine Fontäne & wenig später konnte wir eine Familie recht großer Buckelwale beobachten, die eine ganze Zeit in unserer Nachbarschaft herumprusteten. Bei Abtauchen konnte man ganz deutlich die Fluke sehen, wie man es aus dem Fernsehen oder von Zeitschriften her kennt. So etwas sah ich zum ersten Mal, obwohl ich schon öfter Wale zu Gesicht bekommen hatte.
Das Einklarieren wurde eine recht teure Angelegenheit. Erst einmal bekam das Finanzamt € 53 pro Person für ein 90-Tage-Visum, dann bekam die Polizei (welche die ganze Arbeit mit dem Unsinn hatte) eine kleine Flasche echten schottischen Whisky. Die Küstenwache wollte € 23 haben, gaben uns aber eine Quittung. Der extrem fette & schmierige Zollbeamte verlangte eben falls € 23, die er vor meinen Augen ganz unverhohlen in seine eigene Tasche steckte. Dann wollte er auch noch Whisky haben, aber den hat er von mir nicht bekommen. All dies war eigentlich schon schlimm genug, aber was noch viel unangenehmer aufstieß, war die Tatsache, daß wir nicht an unser Geld herankamen. Kein CIRRUS oder MAESTRO Geldautomat und auch der VISA-Geldautomat akzeptierte meine nagelneue Karte von der Postbank nicht. Schließlich blieb uns nichts anderes übrig als über die Kreditkarte einen Barkredit aufzunehmen, was meist eine extrem teure Angelegenheit ist.
Ansonsten war kein Zweifel, daß wir in einem der ärmsten Länder der Erde angekommen waren. Überall Schlamm & verfallene Hütten mit verrosteten Blechdächern. Man konnte kaufen, was man in den westlichen Industrieländern auf den Müll wirft. Liping und ich erlebten tatsächlich eine Art Kulturschock, obwohl wir nach all diesen Jahren eigentlich dagegen gefeit sein müßten. Schließlich war ja auch Kiribati extrem arm gewesen - aber irgendwie war das Gefühl dort ein gänzlich anderes. Obwohl Kiribati weitaus abgelegener ist, hat man dort nicht ein derartiges Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Trotz des steigenden Meeresspiegels und der horrenden Überbevölkerung. Das Lächeln eines I-Kiribati ist tatsächlich so bezeichnend, daß man sofort sehen kann, wo er her kommt! Ich habe das höchstselbst ausprobieren dürfen und als ich nachfragte, stellte sich heraus, daß der Mann tatsächlich aus Kiribati kam.
Dazu kommt noch, daß Ile Sainte Marie untypisch für Madagaskar sein soll, da es hauptsächlich vom Tourismus lebt. Nun, wir werden es erleben, denn wir planen drei Monate lang im Lande zu bleiben, wobei wir langsam auf der Ostseite nach Norden segeln und dann auf der Westseite wieder nach Süden segeln werden, bevor wir den Sprung über den Mozambique Channel nach Richards Bay in Südafrika wagen. Erst einmal braucht Liping allerdings ein Visum, was hoffentlich nicht bedeutet, daß sie deswegen in die Hauptstadt Antananarivo reisen muß, die weit im Inneren des Landes liegt. Aber auch das werden wir irgendwie geregelt bekommen. :-) Auf jede Fall wollen wir uns die einzigartige Fauna und Flora hier genauer ansehen. Es ist der Hauptgrund, warum ich seit über 20 Jahren auf diese viertgrößte Insel der Erde wollte. Auch mein Freund Roy Starkey von der SEA LOONE (ebenfalls ein alter Bekannter aus Kourou), der in dieser Hinsicht auf der gleichen Wellenlänge ist wie ich, hat diese Insel als die interessanteste von allen erklärt. Und Roy ist schon seit Anfang der 70er auf seinem selbst gebauten Ferrozementboot unterwegs, wobei er 2 1/2 Mal den Erdball umrundet hat. Ich muß ihm unbedingt schreiben, daß ich endlich hier angekommen bin!
Viele liebe Grüße von
Holger, Liping & Aurora Ulani
Catamaran DHARMA BUM III
Phone: +261348172664
Ile Sainte Marie, Madagascar
16°59.96'S 049°50.81'E
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