Am Dienstag, dem 16. September um 12:00 Uhr mittags warfen wir die beiden Diesel an und los ging es durch die Lagune von Majuro in den Marschallinseln. Da so gut wie gar kein Wind herrschte gab es auch keine Wellen, so daß der Anfang unseres Törns recht angenehm war. Trotzdem verpaßten wir unserer kleinen Tochter Aurora Ulani (fast 5 Jahre alt) ein Mittel gegen Seekrankheit, da wir nicht wollten, daß es ihr wieder so schlecht ging wie bei der letzten Reise. Liping probierte es ausnahmsweise einmal ohne Medizin und die ersten paar Tage war es so ruhig, daß Aurora meist einen Teil meiner Nachtwache mit mir im Cockpit verbrachte, bevor sie sich zu ihrer Mama ins Bett kuschelte. Alles in allem sehr angenehm. Tagsüber meldete ich meine Position an diverse Funknetze, von denen eines diese ins Internet schickte ( http://www.pangolin.co.nz/yotreps/tracker.php?ident=KE6PIB ), so daß jedermann unsere Reise verfolgen konnte. Sobald man auf die rote Positionsnadel mit dem schwarzen Punkt klickt, bekommt man zusätzlich zur Karte noch die genaue Position samt Kurs und Geschwindigkeit. Das klappte ganz ausgezeichnet. Dafür kamen die Funk-eMails, welche meine Freunde für mich absetzen wollten, samt und sonders wieder zurück, sowohl bei KE6PIB@googlegroups.com ( http://groups.google.com/group/KE6PIB ) als auch bei KE6PIB@yahoogroups.com ( http://tech.groups.yahoo.com/group/KE6PIB/ ). Ich werde mal versuchen, ob ich den Spam-Filter dort irgendwie anders einstellen kann.
Die nächsten Tage blieb es so gut wie windstill, was ab und zu von starken Böen unterbrochen wurde, so daß wir nachts immer zwei Reffs drin hatten und Tagsüber auch oft reffen mußten. Wenn es ganz heftig kam, holten wir gleich alle Segel runter. Wir wollten nicht schon wieder ein Segel ruinieren oder gar den Mast verlieren. Und da wir uns weigerten die Maschinen anzuwerfen - die Röcheleisen gebrauchen wir eigentlich nur um ein- oder auszulaufen bzw. wenn die Bordspannung zu weit abfällt - ging es immer langsamer voran.
Als ich mal wieder die Maschinenräume kontrollierte, mußte ich zu meinem Schrecken feststellen, daß die Backbord Bilge voller Motoröl war. Ich habe alles mit viel Geschirrspülmittel und viel Küchenpapier schön sauber gemacht, eine Gallone Öl nachgefüllt und geguckt, ob irgendwo etwas herauskam. Kam aber nichts. Also Maschine an und weiter gucken. Auch so konnte ich erst nichts entdecken, bemerkte dann aber daß wohl die Kurbelwellendichtung hinüber war. So richtig konnte ich dort nicht hin, weil gleich dahinter der Tank und das Schott stecken - und außerdem wollte ich dem Keilriemen auch nicht allzu nahe kommen.
Über Funk holte ich mir diverse Ratschläge, aber es war ziemlich klar, daß dieses eine größere Reparatur durch einen kompetenten Mechaniker erfordern würde. Kaum hatte ich mich damit abgefunden, bemerkte ich daß die Steuerbordmaschine auf einmal keinen Strom mehr produzierte. Ich habe sie sofort abgestellt und mußte feststellen, daß der Keilriemen dort gerissen war. Und ich hatte große Mühe, einen neuen Keilriemen aufzuziehen, da man mir anscheinend die falschen verkauft hatte. Dabei hatte ich einen alten mit zum Laden genommen, hinterher aber nicht kontrolliert. Selber schuld, kann man da nur sagen.
Irgendwann kamen wir trotzdem vor der Insel Butaritari an, wo dann allerdings ganz Schluß mit dem Wind war. Wir dümpelten so lange dort herum, daß schließlich ein Hubschrauber von einem großen Fischereischiff (Purse Seiner) vorbeikam, um bei uns nach dem rechten zu schauen. Natürlich hatten wir überhaupt gar nichts an, so daß Liping einen Hechtsprung in die Kajüte machen mußte, während Aurora Ulani begeistert im Cockpit herumsprang, um den unerwarteten Besuchern zuzuwinken.
Jeden Tag gab es ein sehr leckeres Abendessen im Cockpit, begleitet von einer der 60 Flaschen Weißwein, die uns ein "Fishing Master" eines Purse Seiners geschenkt hatte. Ab und zu kam eine große Schule von kleinen Delphinen vorbei und auch ein Goldmakrelen Ehepaar (Coryphaena hippuris) folgte uns ein paar Tage lang. Rotschwänzige Tropikvögel (Phaeton rubricanda) umkreisten uns und ein paar Tölpel machten viele Landeanflüge. Einer ließ sich schließlich auf dem Bugkorb nieder, wurde allerdings nicht so richtig glücklich dort, da ihm das Spinnakerfall andauernd in die Quere kam.
Am zehnten Tag war ich am Mast zugange, als auf einmal die Winschkurbel aus der Winsch sprang und mir mit voller Wucht ins Schienenbein knappte. Natürlich gab das eine ganze Menge Blut und ich sah schon Rostflecken Über das ganze Vordeck verteilt. Ich habe erst einmal einen ganzen Batzen Küchenpapier auf die Wunde gedrückt und das Bein hochgehalten, so daß es nicht allzulange dauerte und die Schweinerei zum Stillstand kam. Liping war vor lauter Schreck den Tränen nahe, während Aurora Ulani die ganze Geschichte höchst interessiert verfolgte und viele Fragen stellte.
Endlich kam der Wind wieder und weiter ging es mit 6 Knoten an Abaiang vorbei bis nach Tarawa, wo wir ganz dicht vor Betio standen, als der Wind wieder komplett einschlief. Wir hätten unseren Freunden zuwinken oder mit dem Handy anrufen können, hatten aber nicht mehr die richtige SIM-Karte.
Nach zwei Wochen überquerten wir den Äquator und sahen kleine Portugiesische Galeeren oder eine ähnliche Quallenart. Die Wasseroberfläche war so glatt, daß man sich prima hätte rasieren können, ohne einen richtigen Spiegel zu gebrauchen. Der Windmesser zeigte 0,0 Knoten und eine Schildkröte verzog sich aus unserer Nähe. Über Funk wurden wir ob des fehlenden Windes bedauert oder es gab ein paar Witze ob unserer Durchschnittsgeschwindigkeit. Wir waren mal wieder dabei einen Langsamkeitsrekord aufzustellen. Wir fanden es allerdings ganz Klasse, zur Abwechslung mal nicht alles mögliche zu zerstören. Die neuen Trampoline aus dem starken schwarzen Fischernetz eines Purse Seiners bewährten sich ganz ausgezeichnet, die beiden vorderen Wassertanks hatten wir absichtlich geleert und das Beiboot hing hinten in den Davits, statt auf dem Vordeck zu liegen. Dazu immer gutes Essen und Trinken, wie es bei uns an Bord Tradition ist. Nur das Bier vermißte ich langsam, so daß ich schon überlegte mitten auf hoher See mit dem Brauen anzufangen.
Liping verbrachte ihre Nachtwachen hauptsächlich damit Aurora Ulani die Namen der Sterne und Sternbilder beizubringen, leckeres Graubrot zu backen und den Unterricht der Calvertschule durchzuziehen. Inzwischen ist Aurora Ulani im zweiten Calvert-Jahr und bei Lektion 42. Sie hat nach wir vor großes Interesse und die Geschwindigkeit wird hauptsächlich dadurch bestimmt, wie viel Zeit ihre Eltern haben.
Nach drei Wochen war es vorbei mit dem beschaulichen Leben, was gleich mehrere Gründe hatte. Zum einen spielte unser Autopilot mal wieder verrückt und schaltete sich andauernd selbst aus. Anfangs dachte ich, daß es daran liegt, daß die Segel falsch getrimmt waren, bis ich dann merkte, daß es auch unter Maschine geschah. Dann zeigten die Windmeßinstrumente immer ganz verkehrt an und zu guter letzt schaltete sich auch der Garmin-GPS, welcher Daten an den Autopiloten liefert von selbst ab. Zum anderen wurden die Wellen immer höher und konfuser, wobei sich ein etwa drei bis vier Meter hoher Schwell aus Süden mit dem regulären Seegang aus Osten verband. Der Wind nahm immer mehr zu, wobei ich hörte, daß es in Tonga, Fidschi und Vanuatu schlechtes Wetter gab. Der Wetterbericht sprach von "very rough seas" in der Gegend von Port Vila. Na Klasse! Wieder einmal genau zu unserer Ankunft.
Da wir nicht im Dunklen einlaufen wollten, nahmen wir alle Segel herunter & setzten erst im Morgengrauen das doppelt gereffte Groß und einen kleinen Teil der Rollgenua. Dabei verabschiedete sich dann unsere große Winsch an Backbord. Natürlich verklemmte sich dabei die Schot im oberen Teil der Winsch und der Wind brachte mit seinen 30 Knoten gut Druck auf die Schot. Liping geriet schon wieder fast in Panik und auch ich hatte die Nase gestrichen voll. außerdem hatten wir es eilig, denn es war Freitag und wir wollten keine Überstundengebühren am Wochenende zahlen. Also beide Motoren an und rein in die Bucht.
Zwei andere Booten hatten die gleiche Idee und kaum waren wir durch die Einfahrt durch, wurden wir auch schon von den Offiziellen angewiesen nahe der Quarantäneboje zu ankern. für meinen Geschmack viel zu dicht an einem anderen Boot, aber man legt sich ja nur ungern mit den Behörden an. Neben uns ein Boot mit einem total zerfetzten Vorsegel. Das Einklarieren war äußerst unproblematisch, leider aber ausgesprochen teuer, wozu noch Hafengebühren und andere Kosten kommen, wenn wir wieder ausklarieren. Der freundliche Quarantänemensch beschlagnahmte nur unsere Eier aus Hawaii und als ich vom Zoll zurück kam rief mich James, der früher auf der Superyacht KE AMA II gearbeitet hatte. Wir hatten uns in Majuro kennen gelernt.
Wir waren 24 Tage unterwegs gewesen, wobei unsere Durchschnittsgeschwindigkeit bei nur 3 Knoten lag. So langsam waren wir bis jetzt noch nie - aber die Segel und Trampoline sind dieses Mal heil geblieben. Wir beantragten das Visum für Neuseeland, was alles in allem drei Wochen dauern wird. Wir besuchten unsere Freunde auf der KE AMA II, trafen ein paar andere Yachties und lernten viele Chinesen kennen. Im Supermarkt "Au Bon Marche" wurden wir ob der Preise an Tahiti erinnert, aber auf dem offenen Gemüsemarkt mitten in der Stadt war es fast so gut wie in Suva. Ich bastelte einen Regenfänger und an einem einzigen Tag konnten wir 260 Liter allerbestes Regenwasser auffangen und unseren Tank randvoll füllen.
Port Vila lebt hauptsächlich vom Tourismus, viele Kreuzfahrtschiffe kommen hierher und außerdem ist diese Ecke genau auf der Autobahn der Weltumsegler. Ein ganz anderes Gefühl als die Marschallinseln oder Kiribati. Wir werden nicht lange bleiben können, denn demnächst fangt die Zyklonsaison im Südpazifik an und uns steht der harte Törn nach Neuseeland bevor. Bis Whangarei sind es 1169 Seemeilen und außer der Kälte dort unten befürchten wir in einen Weststurm zu geraten, denn dort unten werden wir uns im Bereich der Westwinde befinden. Pudelmützen, Öljacken und Gummistiefel sind schon gekauft. Sobald wir Lipings Visum haben und der Wetterbericht gut ist, wird es los gehen. Irgendwann soll das Schiff im "NORSAND Boat Yard" aus dem Wasser und wir planen sowohl Weihnachten als auch die Goldene Hochzeit meiner Eltern am 23. Januar 2009 in Flensburg zu verbringen. Irgendwann geht es dann weiter mit unserer Weltumseglung; höchstwahrscheinlich über den Indischen Ozean nach Südafrika und dann über den Atlantik zurück in die Karibik. Wir sind jetzt schon gespannt, was die nächsten Jahre alles bringen werden.
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