Sonnabend, der 12. Januar 2008
Latitude: 02°42.38'N Longitude: 172°31.85'E
Jetzt sind wir fast einen Tag unterwegs (83 Seemeilen in 23 Stunden) und bis jetzt haben wir sogar Glück mit dem Wetter. Anfangs hatten wir so gut wie gar keinen Wind und eine überaus ruhige See, so daß wir alle drei nicht seekrank wurden. Liping hatte aber eh ihre Pillen geschluckt & war müde wie ein Zombie. So hat dann auch Aurora einen großen Teil der Nachtwache mit mir verbracht, wobei wir das Meeresleuchten beobachtet haben. Sie ist immer sehr interessiert an solchen Sachen, sowie an dem woher und warum. Sie wollte wissen, ob es unser Boot in Brand setzten könnte & als ich ihr sagte, daß es vom Plankton stammt, war sie eher besorgt daß dieses sterben könnte, wenn wir immer mit DHARMA BUM III darüberfahren.
Als wir am Abaiang Atoll vorbeifuhren, war die Strömung so stark und der Wind so schwach, daß der Autopilot andauernd piepte, da er nicht auf der vom GPS vorgegebenen Route bleiben konnte. So mußten wir etwa 60° vorhalten, um noch in die richtige Richtung zu segeln. Kommt hier im Pazifik auch nicht so oft vor. Später dann nahm der Wind ein wenig zu, so daß sich die Lage normalisierte. Ich werfe immer ein besorgtes Auge auf den reparierten Toggle, denn so ganz traue ich der Sache nicht, zumal das Rigg in den Wellen mächtig ruckt, wenn das Groß am Schlagen ist. Ich habe sogar schon überlegt es runter zu nehmen, aber das ist bei dem wenigen Wind ja auch Blödsinn.
Heute morgen beim Frühstück wurde unsere Kleine dann ohne jegliche Warnung seekrank, so daß sie jetzt in Lipings Kabine liegt & schläft.
So, nun muß ich mir erst einmal die Einfahrt nach Majuro genauer betrachten.
Sonnabend, der 19. Januar 2008
Latitude: 07°06.48'N Longitude: 171°22.17'E
Natürlich war das gute Wetter vorbei, nachdem ich das obige geschrieben hatte. Was dann folgte war eine Sturmbö nach der anderen mit bis zu 45 Knoten. Also band ich zwei Reffs ins Groß & rollte die Genua etwa halb auf. Trotzdem gab es Montag einen großen Knall, denn plötzlich brach die Genua-Schot, Liping sah große Teile des Segels davonfliegen und außerdem kriegte die Stbd-Schot auch noch die Hauptluke zu fassen, obwohl diese verriegelt war. Bei diesen Kräften zerbrach sie sofort in zwei Teile & bis ich das Segel aufgerollte hatte, war dieses natürlich total zerfleddert. Es sieht fast so aus, als ob wir uns ein neues Segel aus Hong Kong oder so kommen lassen müssen... Das wird auch wieder etliche tausend Dollar kosten.
Bei dem starken Wind traute ich mich nicht, das Segel runterzuholen, denn dazu muß es ja komplett ausgerollt werden. Also habe ich alle Segel eingeholt & wir haben uns 24 Stunden lang treiben lassen. Dadurch trieben wir etwa 20 Seemeilen in Richtung SSW, was ja auch nicht weiter schlimm war. Zwischen zwei Böen haben wir dann das Segel runtergeholt und durch unsere Mylar-Fock ersetzt, die leider auch eine Nacht später zwei große Löcher bekam. Zu allem Überfluß regnete es die ganze Zeit derartig, daß wir mit einigen Plastikeimern im Cockpit über 75 Liter allerbestes Regenwasser "fangen" konnten - natürlich erst nachdem all der Schmutz und das Salz abgewaschen waren. Dumm nur, daß es überall reinleckte, obwohl drei Luken abgeklebt waren. Wir mußten andauernd die Bilgen lenzen und natürlich ging mal wieder einer der Schwimmerschalter zu Bruch. Strom hatten wir auch keinen mehr, denn durch die ganzen Wolken kam natürlich keine Sonne und der Windgenerator war oft vom Segel abgedeckt, während ich ihn bei den starken Böen ausschalten mußten, um eine erneute Beschädigung zu verhindern. Also mußte mal wieder der Backbord-Diesel ran, der zuverlässig schnurrt seit wir DHARMA BUM III gekauft haben. Immerhin schon 2 1/2 Jahre. Mehr später....
Sonnabend, der 19. Januar 2008
In der Nacht sind wir zwischen Majuro und Arno durchgesegelt und morgens habe ich mich auf Kanal 68 erst einmal in Majuro angemeldet. Ich schnackte kurz mit Cary von S/V SEAL (Kumpel von Johnny Damron aus Tortola) der mir dann gleich eine Muring organisiert hat. Natürlich kam wieder eine Squall nach der anderen, so daß wir schließlich alle Segel runter genommen haben und noch einmal 4 1/2 Stunden durch den Paß und voll gegen den Wind zum Ankerfeld motort sind. Zu unserem Erstaunen lagen dort mindestens 20 Yachten aus aller Herren Länder, vor allem natürlich Amis.
Noch am Donnerstag waren wir beim Zoll und bei der Einwanderungsbehörde und zwar per Taxi, welches hier nur 75 Cent pro Person kostet - inklusive Klimaanlage! Abends war ich dermaßen um, daß ich nur noch Unsinn gemacht habe. Doch davon später mehr.
Freitag haben wir die Ex von Johnny besucht. Lizzie war höchst erfreut uns endlich kennenzulernen & wir haben gleich einen Dinnertermin für Dienstag vereinbart. Sie schmeißt einen Riesenladen namens EZ Price hier (ihr Boss bekam plötzlich Krebs, so daß sie jetzt die effektive Chefin ist) und außerdem hat sie auch noch ein großes Projekt in Sizilien am Laufen, weswegen sie alle paar Monate hin und herpendelt. Weiter ging es einen Anstandsbesuch bei der Taiwan-Botschaft zu machen, wo uns Sekretär Robert Chang gleich nach hinten eingeladen hat, damit wir umsonst mit Wallis Chou in Kiribati telefonieren konnten. Anschließend hat er uns in ein Restaurant zum Essen und danach zu sich nach Hause eingeladen. Wir verstanden uns sofort allerbestens & nun hat Aurora auch noch drei neue Spielkameraden.
Der Botschafter war gerade verschollen, aber Robert meinte, daß jener uns bestimmt persönlich begrüßen wollte. Da sie abends sowieso eine "Function" unweit unseres Bootes hätten, würde es vielleicht später noch klappen. Also habe ich ihm eines unserer UHF Walkie Talkies geliehen & um 18:30 stand dann die *ganze* Botschaft an Land & lud uns ein mit ihnen zu feiern.
Botschafter Bruce J.D. Linghu war überaus angetan von unseren Taten und hat uns allen möglichen Leuten vorgestellt, so zum Beispiel dem Außenminister, dem Englischen Konsul und vielen anderen mehr. Ein anderer hoher Offizieller aus dem Außenministerium gesellte sich bald zu mir & wir kamen so richtig gut ins Schnacken. Er hat in Hawaii studiert, dann teilweise aus Begeisterung für das Museum hier gearbeitet, um die alte Kultur der Marschall Inseln zu retten und ist dann später im Außenministerium gelandet. Alfred hat deutsche Vorfahren, ist hochintelligent, ausgesprochen gebildet und war schon überall auf der Welt. Deutschland gefiel ihm sehr und auch seine Arbeit bei den Vereinten Nationen in New York hat er sehr genossen. Bei all diesen Gesprächen nahm er kein Blatt vor den Mund, was aber nicht der Grund dafür ist, daß er gerade nicht arbeitet. Hier ist es nämlich so Sitte, daß alle hohen Beamten ihren Dienst quittieren wenn eine neue Regierung gewählt wurde.
Vor dem Essen gab es dann noch je eine Rede vom Botschafter, sowie eine vom Außenminister. Groß war unsere Überraschung, als der Außenminister uns der versammelten Mannschaft von über 100 Gästen vorstellte und ihnen erzählte, daß er unsere Segelaktion sehr bewundernswert fände. Noch größer war die Überraschung allerdings, als der Botschafter uns danach als "Special Guests" nach vorne aufs Podium bat und uns eine Flasche Rotwein sowie eine große Dose erlesenen Tees aus Taiwan als Willkommensgeschenk überreichte.
Auch beim Essen unterhielt ich mich wieder mit Alfred und einer anderen Beamtin, die bei der Einwanderungsbehörde arbeitet. Sie hat an Aurora Ulani einen Narren gefressen und bot uns an in Sachen Visumsverlängerung behilflich zu sein.
Dann fingen die Marschallesen schön an zu singen und als sie fertig waren, baten sie um ein Lied von den Taiwanesen. Diese waren darauf gar nicht vorbereitet (Bruce rief nur halb belustigt: "They are all not listening to me!" ;-), so daß ganz von sich aus Ulani in die Bresche sprang und allen Leuten ein Chinesisches Cockroach-Lied vorgesungen hat. Ganz zum Schluß habe ich noch eine ganze Weile mit dem Britischen Konsul geschnackt, der seit 1982 hier ist und trotzdem immer noch einen merkbaren Liverpool-Akzent hat. Die Taiwanesen haben uns dann noch mit etlichen Bieren beschenkt, die auf der Party nicht getrunken worden waren.
Hinterher waren wir so aufgedreht, daß wir noch bis um 01:30 Uhr im Cockpit saßen und geschnackt haben.
Heute morgen war ich natürlich schon müde, als es Zeit wurde die UKW-Funke anzuschalten um am Yachtie-Funknetz teilzunehmen. Da fand ich dann heraus, daß dieses am Wochenende gar nicht stattfindet, aber trotzdem konnte ich mich für die Klasse anmelden, die ein Meteorologe am Dienstag morgen um 10:00 Uhr abhalten wird. Kostet so um die US$ 3,50 oder so und ist genau auf uns Yachties zugeschnitten, da er nämlich selber einer ist.
Im Laufe des Vormittages kam auf einmal jemand mit unserem Dinghy an. Ich hatte es an einem Haken an Bbd abgehängt & in meiner Übermüdung doch tatsächlich vergessen es an Stbd wieder einzuklinken und bin einfach so an Bord gestiegen. Zum Glück hatte die Mega-Luxusyacht (die zwei Boote hinter uns liegt) dieses Malheur bemerkt und grinsend meinte der Mann zu uns, daß wir wohl zu viel Spaß hätten. Schwein gehabt!
Heute dann los zum Payless Supermarket als auch zur Telekom, wo ich mal wieder ordentlich Geld auf den Kopf gehauen habe. Dann noch zu ACE Hardware, wo ich vier NiCad-Solarbatterien und ein Batterieladegerät mit vier NiMH-Batterien erstanden habe. Erst hier an Bord las ich dann, daß man damit auf gar keinen Fall NiCad-Batterien laden sollte, da diese dann explodieren können. Also schon wieder Mist gebaut... Langsam sollte ich mich wirklich mal um ein neues Gehirn kümmern - aber blöde finde ich es auch, daß so etwas nicht draußen auf der Packung steht.
Auch heute abend haben wir Programm, denn der Vorsitzende der Taiwanesen-Vereinigung rief gerade eben an, um uns zum Dinner einzuladen.
Sonntag, der 20. Januar 2008
Wir werden auf jeden Fall insgesamt zwei Monate hier bleiben, denn außer meinen Eltern haben auch viele alte Freunde, Klassen- & Studienkameraden deutsche Lese- & Lernmaterialien für Aurora Ulani geschickt. Wir sind erstaunt, daß uns so viele Leute auf diese Art und Weise helfen und wirklich sehr dankbar dafür.
Patrick Chen holte uns gestern abend um 19:00 Uhr am Robert Reimers Enterprises (RRE) Hotel ab, vor dem unser Boot an der Boje liegt. Im Restaurant wartete schon Botschafter Bruce, der die ganze Sache eingefädelt hatte. Wir aßen in einem privaten Zimmer in ganz kleiner Runde, die auch zwei Leute von den Marschall Inseln beinhaltete. Letztere waren der Boss der Post und seine Frau. Patrick Chen entpuppte sich nicht nur als Vorsitzender der Taiwanesen-Vereinigung, sondern ist hauptberuflich der Präsident der Bank der Marschall Inseln. Sonst waren da noch Jack & Jenny Wu, die eine Firma für Import & Grosseinkauf haben. Mitten im Dinner verschwand Jenny & kam einige Zeit später mit lauter Spielzeug für Ulani wieder.
Nebenbei erfuhr ich, daß mein neuer Freund Alfred der UN Botschafter in New York ist. Patrick hat uns für Montag um 10:30 zu sich ins Büro bestellt, damit wir ein Gemeinschaftskonto eröffnen können. So können wir nicht nur einfacher Geld überweisen, sondern außerdem in den Läden hier mit der ATM-Karte bezahlen. Immer mit Bargeld durch die Gegend zu rennen, ist ja nicht so unser Fall, wenn es auch hier ausgesprochen friedlich zugeht. Dienstag morgen dann Unterricht in Meteorologie, Dienstag abend Dinner mit Lizzie & irgendwann können wir dann hoffentlich damit anfangen Sachen zu bestellen und unser Boot zu reparieren. Heute werden wir erst einmal aufräumen, denn dazu hatten wir bisher noch keine Zeit.
Die ehemalige Frau von Bruce hat übrigens früher an Lipings Oberschule Englisch unterrichtet & Liping kann sich auch noch dunkel an sie erinnern. Bruce hat seiner Arbeit als Diplomat wegen viel aufgeben müssen und riet uns nicht auf Teufel-komm-raus an unserem Plan festzuhalten um die Welt zu segeln - wenn es denn wirklich so hart wäre. Eine gute Familie und ein glückliches, wenn auch bescheideneres Leben wären das Wichtigste überhaupt. Robert hatte uns schon gesagt, daß es außer seinem Job nicht mehr so furchtbar viel gibt im Leben seines Botschafters. Natürlich hat Bruce recht mit seiner Analyse. Es ist aber auch schwierig sich nach ein paar Jahren wieder in die Welt von früher zurückzuversetzen und seine eigenen Motivationen und Entscheidungen zu verstehen. Und dann kann es gut sein, daß einem die Zuversicht und das Selbstvertrauen schwinden & man es sehr bereut, daß man damals aufgegeben hat. Liping hat das ja auf DHARMA BUM II im Fernstudium bei der University of London studiert. Alles wird kompliziert durch sogenannte "konstruierte Erinnerungen". Will heißen unser Gehirn erfindet Erinnerungen, die so gar nicht waren. Dieses wiederum erklärt, warum viele Leute andauernd von der Vergangenheit schwärmen, die so gar nicht war, wie sie sich erinnern. Und die wahren schlechten Erinnerungen werden ja sowieso von jedermann gerne verdrängt.
Und indirekt bestätigen uns die Taiwanesen ja eher in unserem Vorhaben, denn wie sonst trifft man so viele interessante, nette & hilfsbereite Menschen? Auf jeden Fall finden wir diese Begegnungen immer super!
--
Holger Jacobsen
S/V DHARMA BUM III
YACHT-IN-TRANSIT
P.O. Box 283
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